Aus für ungarische Tageszeitung: Hintergründe weiter unklar

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Von Euronews
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Mitarbeiter sprechen von Putsch, Regierung dementiert

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In der ungarischen Hauptstadt Budapest haben Mitarbeiter der Tageszeitung Népszabadság vergeblich versucht, an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Die Eigentümerfirma Mediaworks hatte die Zeitung überraschend eingestellt.

Über die Hintergründe für den radikalen Schritt gibt es bisher vor allem Spekulationen. Mediaworks, die nach eigenen Angaben dem österreichischen Finanzberater Vienna Capital Partners gehört, begründete die Entscheidung mit sinkenden Verkaufszahlen. Die Internetseite der Népszabadság ist einer schmucklosen, improvisiert wirkenden Presseerklärung gewichen. Dort heißt es, die Zeitung habe binnen zehn Jahren drei Viertel ihrer Auflage eingebüßt. Unter dem derzeitigen Geschäftsmodell belaste Népszabadság das Ergebnis des gesamten Unternehmens. Jetzt wolle man ein neues Geschäftsmodell finden, das den derzeitigen Trends in der Branche entspreche.

Medien unter Druck

Es sei keine finanziell motivierte Entscheidung gewesen, sagt dagegen Chefredakteur András Murányi. Tatsächlich stehen die Medien in Ungarn seit Jahren unter Druck. Entlassungen bei Staatsmedien, Schikanen für kritische Zeitungen, auch hinter dem Aus für die Népszabadság vermuten die Redakteure politische Verwicklungen. Die Zeitung galt als einzig verbliebenes investigatives Blatt, erst kürzlich hatte sie kritisch über einen engen Vertrauten von Regierungschef Viktor Orban berichtet.

Die Regierung weist die Vorwürfe von sich: “Keinesfalls wollen wir gegen die Pressefreiheit auch nur dadurch verstoßen, dass wir uns in die Entscheidungen eines Verlagsunternehmens einmischen”, sagte ein Regierungssprecher. Dennoch kommt die Schließung durch die Mediaworks den Regierenden entgegen. So sagte Szilard Nemeth, Chef der Regierungspartei Fidesz, im Nachrichtensender Hir TV, es sei an der Zeit gewesen, dass die Zeitung zusperre.

Chefredakteur Murányi hofft jetzt, dass sich ein neuer Investor für die Népszabadság findet. Leicht dürfte es ein anderer Eigentümer wegen des politischen Drucks auf die Medienlandschaft nicht haben. Doch die Zeitung hat schon andere schwierige Zeiten durchgestanden: In die 60 Jahre ihres Bestehens fiel unter anderem das Ende des Ostblocks. Das Blatt, das dem sozialistischen Staat nahestand, mauserte sich zu einer kritischen Stimme im postsozialistischen Ungarn.

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