Libyen, der vergessene Konflikt

Libyen, der vergessene Konflikt
Von Andrea Büring mit dpa, nzz
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Libyen ist politisch gespalten. Die Einheitsregierung verliert weiter an Rückhält, während der Warlord Khalifa Haftar an Macht gewinnt.

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Seit fünf Jahren versinkt Libyen im Chaos. Vom Februar 2011 an breitete sich der Arabische Frühling dort aus. Die libyschen Aufständischen nahmen Tripolis ein.

Der diktatorisch regierende Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi floh nach Sirte und drohte den Demonstranten mit einem “Blutbad”. Er wurde gestürzt und von einer wütenden Menge gelyncht.
Mit Gaddafis Tod ging Ende Oktober 2011 der erste libysche Bürgerkrieg zu Ende.

Die Unterdrückung der Aufständischen in Libyen hatte den Westen veranlasst einzugreifen. Dank der Militäroperationen Frankreichs, Großbritanniens und der USA wurde das Regime acht Monate nach dem Beginn des Bürgerkriegs gestürzt. Doch für die Zeit danach hatte der Westen keinen Plan.
Libyen stürtzte erneut ins Chaos. Kaum ein Jahr später wurden in Bengasi der US-Botschafter und drei Mitarbeiter getötet. Zum Anschlag bekannten sich Salafisten.

Fünf Jahre später. Die Gefahr des radikalen Islam in Libyen wächst, wie in vielen Teilen der Region. Das Land ist politisch gespalten. Zwei Wahlen in den vergangenen Jahren konnten daran nichts ändern. Fajis Al-Sarradsch ist Ministerpräsident der Einheitsregierung und wird von den Vereinten Nationen unterstützt. Doch derzeit entgleitet ihm die Kontrolle.

Offiziell regiert er im Westen Libyens, während die Regierung von Tobruk den Osten kontrolliert. Der so genannte Islamische Staat versucht, Sirte zu halten.
Der Südwesten ist in den Händen von Tuareg-Milizen.

Eine wichtige Rolle spielt auch der Warlord Khalifa Haftar, dessen militärische Erfolge in Libyen die Macht der Einheitsregierung weiter untergraben. Er wird von der Regierung in Tobruk unterstützt. Sein vornehmliches Ziel sind die Islamisten.

Sarradsch, Ministerpräsident der Einheitsregierung, erhielt nie die Unterstützung des Parlaments von Tobruk. Noch unübersichtlicher macht die Lage ein dritter Mann, der frühere Ministerpräsident Chalifa al-Ghweil. Dessen Anhänger versuchten am Wochenende, den alten Sitz des Parlaments von Tripolis zu stürmen.

Die Lage bleibt unsicher. Sicher ist hingegen, dass Warlord Haftar viele Kräfte hinter sich vereint: arabische Traditionalisten, die Vereinigten Arabischen Emirate und vermutlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem er vor kurzem einen Besuch abstattete. Es gibt sogar Vermutungen, wonach der Westen Haftar näher steht, als angenommen.

Leidtragender ist die Bevölkerung, die mit Engpässen kämpft, und deren Heimat seit Jahren Schauplatz blutiger Kämpfe ist, ohne Aussicht auf eine sichere Zukunft.

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