Unter Marine-Le-Pen-Anhängern: "Wir haben hier das Sagen"

Unter Marine-Le-Pen-Anhängern: "Wir haben hier das Sagen"
Copyright 
Von Kirsten Ripper
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
WERBUNG

Es herrscht ein aggressiver Ton vor dem Kongresszentrum in Lyon. Mehrere Hundert Anhänger des Front National von Marine Le Pen stehen vor verschlossenen Barrieren. Es heißt, der Saal sei voll.
Auch hinter den Kontrollen wie am Flughafen schimpfen ältere Frauen und Männer. Ein Rentner ist wütend: “Ich habe 30 Euro bezahlt, und jetzt darf ich nicht rein.” Er ist aus dem ländlichen Département L’Ain mehr als 100km weit angereist, Marine Le Pen hat schon die Bühne betreten – und viele Anhänger sitzen noch nicht oder müssen sich mit Plätzen vor TV-Bildschirmen in Vorräumen zufrieden geben.

Im Saal jubeln 3.000 Fans Marine Le Pen zu. Der meistgebrauchte Slogan ist: “On est chez nous !” “Wir sind hier zu Hause!” – im Sinn von: “Wir haben hier das Sagen!” Ein anderer Slogan ist auch in französischen Fußballstadien beliebt: “On va gagner !” “Wir werden gewinnen!”

Gewinnen soll die rechtsextreme Marine Le Pen schon in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen, das ist die Hoffnung vieler Anhänger des Front National, denn in der Stichwahl hat sie gegen egal welchen Kandidaten keine Chance.

Neben vielen Rentnern sind auch jüngere Fans da. Jurastudent Alban ist zwar kein Mitglied beim Front National, aber er sagt, er habe keine Scheu, an der Uni in Lyon zu seinen politischen Überzeugungen zu stehen. Sein Freund, der Wirtschaft und Management studiert, stimmt zu. Unter jungen Leuten, seien 35 Prozent für Marine Le Pen. Dass die Front-National-Chefin die EU für gescheitert erklärt, aber im EU-Parlament sitzt und dort auch Gelder illegal für die Partei eingesetzt hat, halten die Studenten nicht für einen Widerspruch. Frankreich werde von der EU unterjocht, Le Pen sei die Opposition und vertrete in Brüsssel ihre Interessen, die der Wähler des Front National. Die Partei sei im französischen Parlament ja so gut wie nicht vertreten, das sei nicht normal. Gegen Ausländer sei Marine Le Pen ja gar nicht, sagt der Jurastudent, nur gegen Illegale.

In Le Pens Rede ist viel von der “nationalen Priorität” die Rede und von den Ausländern, die nur kommen, um von den Sozialleistungen zu profitieren. Die Front-National-Chefin fordert eine Politik der “Null Toleranz”, straffällig gewordene Ausländer müssten sofort in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, und illegal Eingereiste sollten nie ein legales Aufenthaltsrecht erhalten können.

Nach dem Auftritt der Parteichefin stehen auf jeder Etage Sicherheitsleute mit aufgehaltenen Fahnen, in die die Leute Geld werfen – für den Sicherheitsdienst des Front National. Dieser besteht aus Freiwilligen. Die meisten seien ehemalige Militärs, erklärt einer von ihnen. “Wir sind eine Familie”, sagt der Mann Mitte 30, der wie viele Anhänger aus dem südfranzösischen Département Var angereist ist. So könne es mit Frankreich nicht weitergehen, er habe eine Baufirma, sagt der Sicherheitsmann. Die billigen Arbeitskräfte aus dem Ausland nähmen den Franzosen die Jobs weg, die Abgaben für Arbeitgeber seien viel zu hoch. Marine Le Pen habe nichts gegen Ausländer: “Mein Vater ist aus Algerien. Auch er unterstützt den Front National.”
Wieviele Sicherheitsleute in Lyon sind, darf er nicht sagen, das gibt ihm sein Kollege zu verstehen. Ohnehin wollen sie lieber nicht mit der Presse sprechen.

Die meisten Front-National-Anhänger sprechen nicht mit der Presse. Solange sie nicht wissen, dass sie mit einer Journalistin reden, stimmen viele allem zu, was Marine Le Pen sagt. “Alles muss sich ändern, alles!”, sagt eine etwa 60-Jährige, die mit ihrem Mann aus Südfrankreich im Bus angereist ist. Das Ehepaar ist schon lange für Marine Le Pen – jetzt fühlen sie sich bestärkt durch die Wahl von Donald Trump in den USA. Der stehe zu dem, was er verspreche, sagt der Mann; und Trump tue das Richtige.

Vor dem Kongresszentrum halten Sicherheitsleute eine riesige Frankreich-Fahne aufgespannt. Auch hier wird Geld eingesammelt – für die Kampagne. Drinnen gab es schon Fotos von Marine und Marion Maréchal-Le Pen zum Sonderpreis von 5 Euro. Oder für 10 Euro den ständig rot und blau blinkenden 3D-Pins, mit dem man die Front-National-Anhänger besonders gut sehen kann. “Décomplexés” heißt das auf Französisch – die Anhänger der rechtsextremen Partei verstecken sich nicht mehr.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Rechtsextreme stürmen Palästina-Konferenz: 3 Verletzte in Lyon

Gluthitze in Frankreich: Was tun die Städte, um den Menschen zu helfen?

Neue Hitzewelle: Gesundheitsminister erwartet Rekordtemperaturen