Brexit ohne Abkommen wäre für beide Seiten ein Desaster - Ein Gespräch mit dem Experten Stefan Lehne -

Brexit ohne Abkommen wäre für beide Seiten ein Desaster - Ein Gespräch mit dem Experten Stefan Lehne -
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euronews: “Großbritannien hat den Startschuss abgegeben, Artikel 50 wurde ausgelöst.

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euronews:
“Großbritannien hat den Startschuss abgegeben, Artikel 50 wurde ausgelöst. Nun können die Verhandlungen beginnen. Am Ende steht der Austritt aus der Europäischen Union. Welches ist der nächste Schritt? Und wie schwierig kann diese Scheidung werden? Darüber sprachen wir mit dem Politikexperten Stefan Lehne von der Brüsseler Denkfabrik Carnegie Europe.”

Stefan Lehne:
“Das Schreiben enthält auch Einzelheiten zur Verhandlungsposition Londons. Darauf muss die EU antworten. Darüber werden die 27 beraten, in einigen Wochen findet ein Sondergipfeltreffen statt. Danach wird Großbritannien eine Antwort zugestellt. Die eigentlichen Verhandlungen werden im Frühsommer beginnen, möglicherweise im Juni. Die Zeit für den außerordentlich komplexen Verhandlungsprozess ist kurz, der Artikel 50 des Lissabon-Vertrags sieht dafür nur zwei Jahre vor. In zwei Jahren wird London draußen sein. Noch aber ist nicht klar, ob das funktionieren wird. Kommt es zu einem Austritt ohne Abkommen, folgt für beide Seiten ein Desaster. Das betrifft allein den Brexit. Neue Abkommen, ein neues Freihandelsabkommen werden viel mehr Zeit in Anspruch nehmen, entsprechende Verhandlungen werden voraussichtlich fünf bis zehn Jahre dauern.”

euronews:
“Die britische Premierministerin Theresa May hat harte Verhandlungen angekündigt. In Brüssel und auch sonstwo in der EU war zu hören, dass es keine Rosinenpickerei geben werde. Wie werden diese Gespräche wirklich verlaufen?”

Stefan Lehne:
“Sie werden unglaublich komplex und schwierig sein. Den EU-Mitgliedsstaaten ist klar, dass London dafür einen Preis zahlen muss, dass es nicht in der EU bleibt. Den Kuchen zu behalten und ihn gleichzeitig aufzuessen, geht im Verständnis der 27 nicht.”

euronews:
“Welches ist die Botschaft der europäischen Institutionen, Brüssels? Wie sehr versucht man dabei, andere Länder davon abzuschrecken, die Europäische Union ebenfalls zu verlassen? Frankreich beispielsweise?”

Stefan Lehne:
“Interessant ist, dass Umfragen zufolge nach dem Brexit-Referendum die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft in fast allen Ländern gestiegen ist. Meiner Ansicht nach erholt sich die europäische Wirtschaft, sie befindet sich in keinem schlechten Zustand. Ich bin mir daher nicht sicher, ob andere Länder dem Beispiel Großbritanniens folgen werden.”

euronews:
“Trotzdem werden Großbritannien und die EU einander verbunden bleiben, nicht?”

Stefan Lehne:
“Selbstverständlich, längerfristig sind beide Seiten daran interessiert. Großbritannien hat eine Menge zu bieten, es ist ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, es hat eine wirksame Außenpolitik, sehr gute Geheimdienste. Es könnte zugunsten Europas einen riesigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Beitrag leisten. Die 27 wünschen neue, starke Beziehungen zu London, die im Interesse beider Seiten sind.”

euronews:
“Großbritannien hat den ersten Schritt auf dem Weg zum Ausgang aus der EU getan. Stefan Lehne vom Thinktank Carnegie Europe, vielen Dank für die Ausführungen.”

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