Nach dem Brexit: "Du bist jetzt ein 2. Klasse-Bürger"

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Von Andrea Büring
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Dies- und jenseits des Ärmelkanals sind die Einbürgerungsanfragen seit dem Brexit in die Höhe gestiegen.

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Für viele Menschen beginnt mit dem Brexit-Antrag ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn der bedeutet das Ende des freien Personenverkehrs für EU-Bürger nach Großbritannien.

Davon betroffen sind die drei Millionen EU-Ausländer, die in Großbritannien leben, sowie die 1,3 Millionen Briten, die auf dem europäischen Kontinent wohnen.

In Deutschland sind es 100.000 Briten. In dieser Straße im Berliner Viertel Kreuzberg gibt es seit 1996 den Laden “Broken English”. Im Hinblick auf den Brexit befürchtet die Besitzerin Dale Carr Zölle, was zu höheren Preisen führen könnte. Ihr Ziel ist ein deutscher Pass: “Ich würde mich besser fühlen, wenn wir die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen, denn ich will meine Rechte als EU-Bürger behalten. Das ist unglaublich wichtig für mich und meine Kinder,” meint Carr.

Vorher muss man einen Einbürgerungstest bestehen. Auf ihn bereitet sich derzeit Elizabeth Wood vor. Mit ihrem Freund und den Töchtern ist sie vor acht Jahren nach Berlin gezogen. Drei Monate lang musste sie auf die Prüfung warten. Die 43-Jährige ist sehr motiviert:
“Ich habe entschieden, mich wie auf einen Test in der Schule vorzubereiten. Ich habe mittlerweile die Hälfte aller 300 Fragen zur deutschen Verfassung abgeschrieben. Die muss man zu einem bestimmten Prozentanteil beherrschen. Deshalb lerne ich sie einfach auswendig.”

Außerdem muss man einen Deutschtest bestehen sowie belegen, dass man nicht von Sozialhilfe lebt. Der Papierkram, um einen deutschen Pass zu bekommen, wirkt auf viele abschreckend. Doch auf der anderen Seite des Ärmelkanals ist der Aufwand nicht weniger groß.

Dieter Wolke lebt seit 28 Jahren in Großbritannien. Der deutsche Psychologie-Professor hat eine britische Freundin und Kinder. Seit dem Brexit sieht er schwarz für seine berufliche Zukunft. “Dir wird gesagt, du bist jetzt ein Zweiter Klasse-Bürger. Schicke uns deinen Pass für das nächste halbe Jahr. Pech, wenn du dann deine Arbeit verlierst. Es sind halt die Regeln des Innenministeriums,” beschwert sich Wolke.

Seit 1989 wohnt Monica Obiols schon in Großbritannien. Die Spanierin ist mit einem Holländer verheiratet. Sie haben zwei Kinder, die in ihrer Wahlheimat geboren wurden. “Die Formulare sind ein Albtraum. Es war sehr kompliziert, am Ende habe ich es irgendwie geschafft,” erinnert sich die Spanierin. “Allerdings habe ich nicht genügend Angaben zu meinen Kindern gemacht, weswegen ihre Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt wurde.”

Seit dem Brexit-Referendum haben sich die Anfragen nach einer permanenten Aufenthaltsgenehmigung in Großbritannien versechsfacht. In den vergangenen drei Monaten wurden fast ein Drittel der Anträge abgeschmettert.

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