Neue Einheit der Bundeswehr: Offensive Verteidigung gegen Hackerangriffe?

Neue Einheit der Bundeswehr: Offensive Verteidigung gegen Hackerangriffe?
Copyright 
Von Euronews mit dpa, Reuters
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Mit 13.500 Posten bündelt die Bundeswehr vorhandene IT-Strukturen und baut neue auf - auch, um im Falle von fatalen Hackerangriffen zurückzuschlagen.

WERBUNG

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den sechsten militärischen Organisationsbereich der Bundeswehr ins Leben gerufen.

14.500 Posten bis 2021

Bis zum Juli 2017 sollen 13.500 Posten geschaffen werden, die dem Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR) unterstellt sind. Vorhandene IT-Strukturen sollen gebündelt und neue aufgebaut werden, um im Falle von Hackerangriffen gewappnet zu sein. Damit wird diese neue Teilstreitkraft, die auf der Ebene von Luftwaffe, Heer und Marine steht, fast die Größe der Marine haben, für die rund 16.000 Soldaten arbeiten. Bis 2021 soll die Truppe rund 14.500 Soldaten und zivile Mitarbeiter haben und voll einsatzbereit sein. Germany's Bundeswehr cyber security command Die Bundeswehr ist ein attraktives Ziel für Hacker und ausländische Spitzel, vor allem wegen seiner Waffensysteme. Allein in den ersten neun Wochen des Jahres 2017 soll 284.000 Mal versucht worden sein, die Rechner der Bundeswehr zu hacken, sagte General Ludwig Leinhos, der als Erster Inspekteur die Verantwortung für das neue Kommando übernehmen wird. “Mit der neu geschaffenen Struktur werden die Kompetenzen und Fähigkeiten gebündelt. So wappnet sich die Bundeswehr für die schnelllebige IT-Welt,” sagte Leinhos gegenüber dem Deutschlandfunk.

Aufstellung Kommando CIR: Ein Meilenstein deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik https://t.co/90OxWWyxnF#bundeswehr

— Bundeswehr (@bundeswehrInfo) April 5, 2017

Friedliches Miteinander statt Krieg im Cyberraum?

Die neue Einheit soll Deutschland vor Cyberattacken schützen, aber auch selbst aktiv tätig werden können, “sobald ein Angriff die Funktions- und Einsatzfähigkeit der Streitkräfte gefährdet, dürfen wir uns auch offensiv verteidigen,” sagte von der Leyen. So klar es für die Verteidigungministerin auch sein mag, an diesem Punkt scheiden sich die Geister: vor allem aus den Reihen der Grünen und der Linken kommt die Kritik: Über eine Cyber-Offensive, wie die Ministerin sie will, müsste der Bundestag, ähnlich wie bei anderen bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr, abstimmen.

Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu, gab zu Bedenken: “Da es sich hierbei nicht um herkömmliche militärische Angriffe mit konventionellen Waffen, sondern um virtuelle Attacken auf die gegnerischen Datennetze handelt, ist derzeit nicht klar, wie die parlamentarische Kontrolle durch den Bundestag umgesetzt werden kann und soll.”

Das sieht von der Leyen anders: Sollten Hacker staatliche Institutionen angreifen, könne das Kommando immer im Rahmen der Amtshilfe tätig werden. Und in den Auslandseinsätzen sei die rechtliche Lage klar. “Hier bestimmen die Bundestagsmandate die Möglichkeiten und auch Grenzen – das gilt selbstverständlich auch für den Cyberraum.” so die Ministerin.

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Netzpolitik der Grünen Konstantin von Notz sieht in der neuen Einheit einen “fatalen Kurswechsel, […] die Entwicklung eines freien und sicheren Internets gefährden und die weltweite Aufrüstungsspirale in der IT-Kriegsführung massiv vorantreiben.” In einer gemeinsamen Erklärung mit seiner Parteikollegin Agnieszka Brugger schreibt von Notz weiter: “Statt die Bundeswehr für die virtuelle Kriegsführung zu rüsten, sollte sich Frau von der Leyen auf internationaler Ebene für konkrete Vereinbarungen zur Sorgfaltsverantwortung für ein friedliches Miteinander im Cyberraum einsetzen.”

CyberWar der Bundeswehr!? Einbeziehung des Bundestages ist zwingend erforderlich! https://t.co/SlgHzq40ru

— Konstantin v. Notz (@KonstantinNotz) April 6, 2017

Die Kampf um die besten IT-Spezialisten

Für 2017 sind 1,6 Milliarden Euro für den Ausbau der Infrastruktur des neuen Kommandos vorgesehen, eine weitere Milliarde für das Personal. Von der Leyen sieht einen großen Nachholbedarf beim Aus- und Aufbau der neuen Einheit. Die Ausgaben sollen in den kommenden Jahren noch weiter steigen, denn man müsse investieren und darum kämpfen, “die klügsten Köpfe zu bekommen und zu halten”.

Die Bundeswehr-Universität in München etwa wird einen neuen Master-Studiengang für Cyber-Sicherheit mit 13 Professuren einführen. Jährlich soll es dann 70 Absolventen geben. Außerdem wolle man “durch flexiblere Laufbahnen und Werdegänge” die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber erhöhen, so die Ministerin.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Wieder Russen von APT28? Hackerangriff auf deutsches Regierungsnetz

"Alles für Deutschland": Höcke wegen Nazi-Parole vor Gericht

Erste Hitzewelle mit fast 30°: Und jetzt kommt der Saharastaub