Migranten in Calais: Humanitäre Lage schlimmer als zuvor

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Von Carolin Kuter
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Etwa neun Monate nach der Räumung des “Dschungel” genannten Flüchtlingslagers bei Calais sind die Probleme zurück: In der vergangenen Nacht hat eine von Migranten errichtete Blockade auf einer Autobahn in der Nähe der französischen Hafenstadt nach Angaben der Behörden einen tödlichen Unfall verursacht. Demnach prallte ein Kleinlaster mit polnischem Kennzeichnen auf einen von mehreren LKW, die durch die Straßenblockade aus Baumstämmen zum Stehen gekommen waren. Der Fahrer des Kleinlasters starb, so die zuständige Präfektur weiter. In einem der blockierten LKW hätten sich neun Männer versteckt, die festgenommen worden sein.

Die Migranten versuchen durch die Blockaden an Bord von Lastwagen und so über den nahen Ärmelkanal nach England zu kommen. Mit der Räumung des “Dschungels” im Oktober hatte es diese illegalen Weiterreiseversuche laut lokalen Medien nicht mehr gegeben. Seit Ende Mai gebe es wieder vermehrt Blockaden.

Die Einwohner von Calais leben seit Jahrzehnten mit den illegalen Flüchtlingsansiedlungen in der Region. Es sei nicht gut, dass der “Dschungel” geschlossen worden sei, meint Elza Beauvois. “Die Migranten sind jetzt hier überall unterwegs und wir können nicht mehr so einfach rausgehen, wie wir wollen”, sagt sie.

Kurzfristig sei die Situation beruhigt, so ein Mann aus Calais, weil es schon eine ziemliche Ablehnung in der Bevölkerung gegeben habe. Aber langfristig gebe es keine humanitäre Hilfe mehr, dadurch würden die Menschen mehr mit den Migranten konfrontiert. Das führe zu einem härteren Vorgehen der Polizei und generell zu einer schlechteren Versorgung der Flüchtlinge.

Monate nach der Räumung des “Dschungels” sind wieder mehrere Hundert Migranten vor Ort. Sie leben in wilden Lagern in freier Natur und werden von Hilfsorganisationen wie der “Refugee Community Kitchen” versorgt – staatliche Hilfe gibt es nicht. Jetzt wo das Lager geschlossen sei, müssten die Hilfsorganisationen andere Orte finden, an denen sie die Migranten treffen und mit Essen versorgen könnten, so der ehrenamtliche Helfer Jacob Strauss. Es gäbe viele Probleme mit den lokalen Behörden, die nicht wollten, dass die Essensausgabe an öffentlichen Plätzen stattfinde.

Das französische Innenministerium hatte die Räumung des Flüchtlingslagers im Oktober als “humanitäre” Aktion bezeichnet. Die Migranten wurden in Aufnahmelager in ganz Frankreich in Sicherheit gebracht und sollten, wenn möglich, Asyl in Frankreich beantragen, anstatt auf ein neues Leben in England zu setzen. Doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft jenseits des Ärmelkanals scheint zu groß. Monate später ist die Lebenssituation derer, die in Calais ausharren, schlimmer als zu Zeiten des “Dschungels”.

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