Proteste gegen Putin in Budapest: Was steckt hinter der neuen Momentum-Partei?

Proteste gegen Putin in Budapest: Was steckt hinter der neuen Momentum-Partei?
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Von Alexandra Leistner
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Russlands Präsident Wladimir Putin ist zum zweiten Mal in diesem Jahr in Budapest. Jedoch sind dort nicht alle so angetan von dem Besuch aus Moskau wie Ministerpräsident Vikor Orban.

Eine neue Partei, die sich Momentum-Bewegung nennt, hat zum Protest aufgerufen.

Es sind zahlreiche Aktionen geplant, die nicht offiziell angemeldet wurden, da die Organisatoren fürchten, dass Behörden sie sonst verbieten würden.

Am Morgen verteilten Aktivisten Kopien einer kommunistischen Zeitung aus dem Jahr 1972, die damals titelte “Die Sowjet-Partei und Regierungsdelegation sind in Ungarn angekommen”. In der neuen Ausgabe ist der Titel von einem “DAS DARF NICHT WIEDER PASSIEREN”-Slogan überschrieben.

Was steckt hinter der Momentum-Partei?

Die Momentum-Bewegung wurde im Jahr 2016 gegründet und hat vor allem junge Mitglieder. Sie wurde durch ihre erfolgreiche Unterschriftenaktion gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 in Ungarn bekannt.

Ihre rund 300 Mitglieder sprechen sich öffentlich gegen die Regierung aus. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Ministerpräsident Viktor Orban und seine nationalkonservative Fidesz-Partei abzusetzen.

Die Partei ist pro-europäisch und stimmt in einigen Punkten mit der En Marche-Bewegung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron überein.

Gegner kritisieren Momentum als “unpolitisch” und ihren Partei-Chef András Fekete-Győr als politisch unerfahren.

Pro-Europa und Anti-Russland

Doch Momentum protestiert auch gegen den Einfluss Russlands in Ungarn. Die jungen Aktivisten der Partei kritisieren die von Orban und Putin beschlossene Erweiterung des Atomkraftwerks Paks II, südlich von Budapest.

Das Projekt wird mithilfe eines Zehn-Milliarden-Euro-Kredits aus Russland möglich. Momentum kritisiert die entstandene Abhängigkeit Budapests von Moskau in diesem Fall.

Und Russland hat noch ein weiteres Bauprojekt in der ungarischen Hauptstadt: Die Wagen einer überalteten U-Bahn in Budapest wird von einem russischen Unternehmen modernisiert. Nach Ansicht von Momentum wäre es sinnvoller, neue Waggons zu kaufen. Die Kosten für beide Lösungen sind nach Informationen ungarischer Medien gleich.

Putin on official visit to Hungary to meet PM Orban. Energy related issues, incl. Paks nuclear power station, on agenda. pic.twitter.com/6WTr7EOcoS

— Russian Embassy, UK (@RussianEmbassy) August 28, 2017

Wie sieht der Protest von Momentum aus?

1) Akitvisten änderten zahlreiche Straßennamen zu denen aus Sowjetzeiten: Da gab es plötzlich wieder den Lenin Boulevard und den Karl-Marx-Platz.

2) An den größten Straßenkreuzungen verteilen Momentum-Anhänger überarbeitete Faltblätter einer kommunistischen Zeitung aus dem Jahr ’72.

3) Vor dem László Papp-Stadion findet eine Protestaktion statt. Dort wird Putin sich aufhalten, um bei der Judo-Weltmeisterschaft zuzuschauen.

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4) Am Abend soll ein Fackellauf veranstaltet werden. Auf die Zitadelle auf den Gellértberg soll eine riesige EU-Flagge projiziert werden.

Warum reist Wladimir Putin so häufig nach Ungarn?

Noch nie in seiner Amtszeit hat der Kreml-Chef ein EU-Land innerhalb eines Jahres zwei Mal besucht.

Der offizielle Grund für sein Kommen ist eine Einladung zur Judo-Weltmeisterschaft, die in Budapest ausgetragen wird. In seiner Funktion als Ehrenpräsident der Internationalen Judo-Föderation wird Putin die Veranstaltung eröffnen.
Orban und Putin nutzen das Treffen aber auch, um über gemeinsame Wirtschaftsprojekte zu sprechen.

Russland steht auf der internationalen Bühne isoliert dar. Grund sind die EU-Sanktionen gegen Moskau wegen Annexion der Krim und der Unterstützung prorussische Separatisten in der Ostukraine.

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So gesehen ist Orban Putins wichtigster Verbündeter innerhalb der EU. Der ungarische Regieurungsschef ist seinerseits innerhalb der Staatenunion isoliert. Er kritisiert die EU-Flüchtlingspolitik und hat sich für die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland eingesetzt.

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