Loveparade-Prozess: Schwieriger erster Prozesstag

Loveparade-Prozess: Schwieriger erster Prozesstag
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Begonnen hat die Geschichte der Love-Parade 1989 mit etwa 150 Technofans, die unter dem Motto "Friede, Freude, Eierkuchen" über den Berliner Ku'damm zogen - geendet ist sie 2010 in einer katastrophalen Massenpanik mit 21 Toten und über 600 Verletzten in Duisburg. In Düsseldorf soll das Kapitel nun mehr als sieben Jahre später juristisch beendet werden. Dort fand am Freitag der Auftakt zum Strafprozess gegen zehn Beteiligte statt. Die Verhandlung konnte aus Platzgründen nicht in Duisburg stattfinden.

Angeklagt sind sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier des Veranstalters Lopavent. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vor. Ihnen drohen Höchststrafen von bis zu fünf Jahren. Laut Staatsanwaltschaft musste es zwangsläufig zu lebensgefährlichen Situation kommen. "Die Angeklagten sollen schwerwiegende Fehler bei der Planung und Genehmigung der Loveparade 2010 begangen haben und zusätzlich am Veranstaltungstag gegen sicherheitsrelevante Auflagen verstoßen haben, beziehungsweise diese nicht überwacht haben", so Anna Christiana Weiler von der Duisburger Staatsanwaltschaft. "Dies ist nach dem Ergebnis unserer Ermittlungen die Ursache für den tödlichen Verlauf bei der Loveparade 2010."

Der erste Verhandlungstag gestaltete sich schwierig. Die Verhandlung wurden nach Anträgen der Verteidigung mehrmals unterbrochen. Schon der Prozessbeginn hatte sich unter anderem wegen der strittigen Anklageschrift verzögert, dabei steht das Verfahren unter Zeitdruck: Mitte 2020 verjähren die Vorwürfe. Die zum Teil aus dem Ausland angereisten Angehörigen hoffen, dass sie bis dahin Klarheit haben. "Wir warten seit siebeneinhalb Jahren auf diesen Tag", so Paco Zapater. Der Spanier und seine Frau verloren 2010 ihre Tochter Clara. "Wir sind für unsere Tochter hierhergekommen, um ihre Würde zu wahren und die Erinnerung an sie. Damit es Gerechtigkeit gibt für das, was vor siebeneinhalb Jahren passiert ist."

Bei dem Unglück am 24. Juli 2010 waren in einem Gedränge am einzigen Zu- und Abgang der Technoparade 21 Menschen im Alter von 17 bis 38 Jahren erdrückt worden. Mindestens 652 wurden verletzt, viele von ihnen schwer.

Mammutprozess unter hohem Zeitdruck

Der Love-Parade-Prozess dürfte einer der umfangreichsten Strafprozesse der Nachkriegszeit werden. Damit alle Kläger, Nebenkläger, Juristen und Besucher Platz finden, wurde der Prozess des Duisburger Landesgerichts in eine Düsseldorfer Kongresshalle verlegt. Rund 500 Menschen finden darin Platz. Die Angeklagten werden von 32 Juristen verteidigt. Der Anklage haben sich 65 Nebenkläger angeschlossen. Sie werden von weiteren 38 Anwälten vertreten. Über 200 Plätze sind für Besucherinnen und Besucher reserviert. Am Freitag kamen zunächst jedoch nur 45 Zuschauerinnen und Zuschauer. 

In Düsseldorf steht ein Mammutprozess bevor: Die Anklageschrift umfasst 556 Seiten. Die Staatsanwaltschaft Duisburg spricht darin von schwerwiegenden Fehlern bei Planung und Genehmigung. Auch seien Sicherheitsauflagen nicht überwacht worden. Im Prozess verlesen werden sollen aber nur 23 Seiten. 

Sauerland und Schaller nicht angeklagt

Der Duisburger Ex-Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und der damalige Love-Parade-Veranstalter Rainer Schaller sind nicht angeklagt, sollen aber als Zeugen gehört werden. Sauerland war nach der Massenpanik trotz Rücktrittsforderungen der Bevölkerung im Amt geblieben. Er war öffentlich beschimpft und mit Eiern beworfen worden. 2012 wurde der Politiker durch ein Bürgerbegehren abgewählt. Laut Staatsanwaltschaft liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Sauerland oder Schaller Einfluss auf die fehlerhafte Planung oder die rechtswidrige Genehmigung genommen hätten, wie das Onlineportal "Der Westen" berichtete.

Für Angehörige und Besucherinnen und Besucher steht in Düsseldorf ein Notfallseelsorge-Team bereit. 2015 hatten Betroffene bereits die Nachsorge-Stiftung "Duisburg 24.7.2010" ins Leben gerufen, die Therapieplätze vermittelt, Gedenktage organisiert und bei der Einrichtung von Selbsthilfegruppen hilft. Die meisten Toten waren 2010 an einer Treppen neben einer überfüllten Rampe gefunden worden. Nebenkläger Manfred Reißaus verlor damals seine 22-jährige Tochter Svenja. Er fühle sich unruhig und nervös, wie er der Deutschen Presse-Agentur beim Prozessauftakt sagte: "Ich habe mich gefreut, dass endlich der Prozess losgeht. Jetzt bin ich mir aber nicht mehr sicher, ob ich das heute überhaupt schaffe."

Auch Love-Parade-Gründer Dr. Motte war am ersten Prozesstag anwesend. Es sei gut, dass der Prozess jetzt beginne und die lange Wartezeit vorbei sei, so der Musiker. Er habe nach wie vor Kontakt zu Betroffenen. "Ich weiß, wie schlecht es denen geht." Viele hätten aufgrund der körperlichen und psychischen Traumatisierung ihr Leben lang damit zu tun.

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