Deutschland sollte zur Aufklärung von Kriegsverbrechen in Syrien beitragen

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Von Hans von der Brelie
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Mehr Stellen bei Bundeskriminalamt und Generalbundesanwalt um Verfahren gegen Folter-Verantwortliche in Syrien zu beschleunigen, fordert MdB Brantner.

Die deutsche Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner (MdB Bündnis 90 / Die Grünen) hat sich als stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss mit Algerien, Marokko und Tunesien sowie Syrien, Libyen und Ägypten beschäftigt. “Ich mache mich für einen Dialog mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren dieser Länder stark und möchte gemeinsam mit ihnen gegen Menschenrechtsverletzungen vorgehen”, präsentiert Brantner ihre Arbeit auf ihrer Homepage. Folter, Einschränkung der Pressefreiheit, Unterdrückung von Frauen – es gebe viel zu tun, erinnert Brantner. Besonders beschäftigt Brantner die Lage im Bürgerkriegsland Syrien: “Deutschland muss sich noch viel stärker für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen”, fordert die Volksvertreterin. “Ein wichtiger Schritt ist die strafrechtliche Aufarbeitung der Kriegsverbrechen.”

Hans von der Brelie (Euronews):
In Syrien wird gefoltert, in Deutschland wird ermittelt. Bewerten Sie die Personalausstattung beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe (sieben Vollzeitstellen) als ausreichend, um die Ermittlungen gegen syrische Folter-Verantwortliche, Schreibtischtäter und Kriegsverbrecher nach dem Weltrechtsprinzip erfolgreich voranzutreiben?

Franziska Brantner (MdB Bündnis 90 / Die Grünen):
Die Personalausstattung ist bislang nicht ausreichend für die große Menge an Hinweisen, die im Zuge einer adäquaten Aufarbeitung von Kriegsverbrechen in Syrien bearbeitet werden müssten. In der entsprechenden Abteilung des Bundeskriminalamtes (BKA) und im Völkerstrafrechtsreferat des Generalbundesanwalts sollten meiner Meinung nach insgesamt 10 bis 20 neue Stellen geschaffen werden. Zusätzlich sollten auch Spezialistinnen/Spezialisten eingestellt werden, unter anderem mit Erfahrung in der IT-Forensik sowie mit Arabisch-Kenntnissen.

Hans von der Brelie (Euronews):
Da die ersten Ermittlungen ja bereits 2011 eingeleitet wurden und wir mittlerweile 2018 schreiben, wie bewerten Sie die bisher geleistete Arbeit? Das ist durchaus auch politisch gemeint: Haben die deutschen Gesetzgeber den Ermittlungsbehörden die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt, zügig und effektiv vorzugehen? Sollte mehr getan werden? Was konkret? Oder bewerten sie die bisherigen Anstrengungen als ausreichend? Kurz, es geht mir um eine politische Bewertung/Einschätzung Ihrerseits.

Franziska Brantner (MdB Bündnis 90 / Die Grünen):
Deutschland agiert im Syrien-Konflikt so hilflos, da könnten wir wenigstens einen substanziellen Beitrag zur Aufklärung dieser Kriegsverbrechen leisten. Dafür müssen aber die finanziellen Mittel und die Personalstärke aufgestockt werden. Darüber hinaus wäre eine Verlängerung der Aufbewahrungsfristen für Informationen von Zeuginnen/Zeugen und Opfern von Völkerstrafsachen notwendig. Die maximale Speicherdauer liegt derzeit bei fünf Jahren. Sind die Verdächtigen minderjährig, müssen die Daten bereits nach drei Jahren gelöscht werden.

Hans von der Brelie (Euronews):
Was noch?

Franziska Brantner (MdB Bündnis 90 / Die Grünen):
Wichtig wäre auch, eine Informationskampagne zu starten, die die syrischen Geflüchteten erreicht, die hier in Deutschland leben und wichtige Zeugenaussagen liefern könnten. Hier fehlt oft das Wissen um die Möglichkeit einer solchen Strafverfolgung und die Tatsache, dass ihre Erfahrungen eine wichtige Unterstützung für mögliche Prozesse wären. Hierzu müssten die jeweiligen Gesetze, die Ergebnisse der bisherigen Verfahren und ein griffiges Informationspapier auf Arabisch übersetzt werden und über Informationskanäle verbreitet werden, die von der syrischen Community auch wirklich genutzt werden, also beispielsweise Facebook. Außerdem müssen die potenziellen Zeugen und Zeuginnen aufgeklärt werden, dass eine Aussage keine (negativen) Auswirkungen auf ihr Asylverfahren hätte.

Hans von der Brelie (Euronews):
Was kann bei Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden verbessert werden?

Franziska Brantner (MdB Bündnis 90 / Die Grünen):
Es muss dafür gesorgt werden, dass die zuständigen Beamtinnen und Beamten aus Bundeskriminalamt und Generalbundesanwaltschaft sowie damit betraute Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Zugang zu Fortbildungsmaßnahmen für den sensiblen Umgang mit Folteropfern sowie ein interkulturelles und gendersensibles Training erhalten.

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