Anastasiades: Scheitern der Zypern-Gespräche wegen Druck aus Ankara

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Von Stefan Grobe
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EXKLUSIV: Der wiedergewählte zyprische Präsident gibt sein erstes Interview nach seinem Sieg.

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Der amtierende konservative Präsident Nikos Anastasiades kann Zypern in den kommenden fünf Jahren weiterregieren.

Bei der Stichwahl am Sonntag kam der 71-Jährige nach Auszählung aller Stimmen auf eine klare absolute Mehrheit.

Sein erstes Interview gab er Euronews.

Efi Koutsokosta, Euronews: Herr Präsident, willkommen bei Euronews. Eines der wichtigsten Wahlkampfthemen waren die Finanzen, aber auch das Kreditwesen. Wie stabil ist das Bankensystem in Zypern nach der Krise? Beabsichtigen Sie Maßnahmen zum Thema kooperative Banken?

Nikos Anastasiades: Wie Sie wissen, wird das zyprische Bankensystem von der EU kontrolliert. Soweit ich weiss, liegt die Eigenkapitalquote bei 15 Prozent. Einige Geldhäuser obliegen unserer besonderen Aufmerksamkeit, und wenn nötig, werden wir auch Maßnahmen ergreifen. Aber das dürfte keinen Einfluss auf Sparer oder Kunden haben.

Euronews: Zum anderen wichtigen Thema: dem Zypern-Problem. Im vergangenen Jahr gab es Gespräche, die mit konkreten Vorschlägen endeten. Beide Seiten hatten Landkarten auf dem Tisch. Dann zog 24 Stunden vor der Wahl die türkisch-zyprische Seite ihre Karten zurück. Was heisst das nun? Sind wir wieder am Anfang?

Anastasiades: Es ist ein Rückschlag, aber nicht der erste. Viele Punkte, auf die wir uns verständigt hatten, wurden wieder zurückgezogen, und zwar auf Druck von Ankara. Am Schlimmsten war es mit den Empfehlungen des UN-Generalsekretärs. Leider reagierten die türkisch-zyprische und die türkische Seite nicht auf unsere schriftlichen Vorschläge, die wir zu den Leitlinien der UNO gemacht hatten. Stattdessen pochten sie auf ihre alten Positionen zu Garantien, die bis in die 60er Jahren zurückreichen, etwa auf das Interventionsrecht, eine türkische Militärbasis in Nordzypern und die dauerhafte Präsenz des türkischen Militärs.

Euronews: Welche Initiativen planen Sie nun?

Anastasiades: Ich werde natürlich wieder mit Mustafa Akinci, dem Chef der türkischen Zyprer, Kontakt aufnehmen, so dass der Nationale Rat zusammenkommen und die nächsten Schritte besprechen kann. Und natürlich werde ich mich um ein Treffen mit Herrn Akinij bemühen, um ihn zu fragen, was seine nächsten Schritte sind. Aber basierend auf den Erklärungen des türkischen Aussenministers gibt es zunächst einmal keine Aussichten auf eine neue Verhandlungsrunde.

Euronews: Die griechisch-zyprische Seite drückt bei der Suche nach Ölvorkommen aufs Tempo, die türkische Seite blockiert das. Solange das Zypern-Problem nicht gelöst ist, sehen Sie überhaupt eine realistische Nutzung von Bodenschätzen?

Anastasiades: Wir sehen uns das türkische Verhalten mit Ruhe an. Wir werden deswegen nicht unsere souveränen Rechte aufgeben. Wir werden Maßnahmen ergreifen - nicht militärische, natürlich -, die notwendig sind. Darüber werden wir die internationalen Organisationen, unsere Partner und die betroffenen Länder auf dem Laufenden halten. Wir werden auch weiterhin ohne Unterbrechung an unseren Energieplänen arbeiten.

Euronews: Zur EU. Die Länder Ost- und Zentraleuropas haben eine solide gemeinsame Front bei verschiedenen Themen gebildet. So stellt sich die Visegrad-Gruppe gegen die Immigrationspolitik und sorgt manchmal in Brüssel für Kopfschmerzen. Werden wir etwas Ähnliches unter den sieben südeuropäischen Staaten sehen?

Anastasiades: Unser Ziel ist es, einen Dialog zu führen und Verständnis für die Positionen des Südens zu schaffen, aber nicht als Koalition innerhalb der EU. Unsere Gespäche werden immer umfangreicher. Wir haben uns kürzlich in Rom getroffen, und der nächste Gipfel wird in Zypern stattfinden, hoffentlich im März.

Euronews: Herr Präsident, herzlichen Dank.

Anastasiades: Ich danke Ihnen.

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