5 Fragen zum Krieg in Syrien - kurz erklärt...

5 Fragen zum Krieg in Syrien - kurz erklärt...
Copyright REUTERS/Bassam Khabieh
Von Kirsten Ripper mit UNHCR, Reuters
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Seit 2011 herrscht Krieg in Syrien, ein Konflikt, der mit der Zeit immer komplizierter geworden ist.

1. Wie fing alles an?

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Im Februar 2011 hatten Kinder in einer Schule in Daraa (oder Deraa) im Süden des Landes Slogans gegen den Präsidenten Baschar al-Assad an eine Wand geschrieben. "Nieder mit Assad" war dort u.a. zu lesen oder auch "Scher dich weg, Doktor"  Assad ist eigentlich Augenarzt. Mehrere Kinder wurden festgenommen und offenbar auch gefoltert. Die Eltern protestierten gegen die Festnahme der Kinder und Jugendlichen. Dann breiteten sich die Proteste auf viele Orte in Syrien aus. Diese wurden auch als ein Teil des sogenannten "Arabischen Frühlings" gesehen - der Aufstände gegen die Herrschenden in der arabischen Welt wie in Tunesien und Ägypten. Hochburgen des Protests waren dann auch Städte wie Homs und Hama, in denen Gegner des Assad-Regimes schon von Bashar Al-Assads Vater mit Gewalt unterdrückt worden waren.

Seit dem Sommer 2011 kämpfen Aufständische gegen Regierungstruppen. Inzwischen wurden die Assad-Gegner fast überall in Syrien niedergeschlagen. Die letzten Hochburgen der Rebellen sind Ghuta (auch: Ghouta) bei Damaskus, wo 400.000 Menschen seit Jahren eingekesselt ohne korrekte Versorgung leben, und in der Region Idlib.

2. Wer kämpft gegen wen?

Seit Jahren ist der Krieg in Syrien mehr als nur ein Bürgerkrieg, in dem Aufständische gegen das Regime kämpfen. Verkompliziert wurde der Konflikt dadurch, dass die Terrormiliz IS ("Islamischer Staat") versucht hat, in Syrien und dem Irak ein sogenanntes "Kalifat" zu errichten. Eine internationale Koalition unter Führung der USA fliegt Luftschläge gegen die IS in Syrien.

Zudem verfolgen mehrere ausländische Staaten und bewaffnete Gruppen auch ihre eigenen machtpolitischen Interessen.

Schematisch vereinfacht kämpfen der Iran und die schiitische (libanesische) Hisbollah sowie Russland auf der Seite Assads.

Die Türkei, das Nachbarland Syriens mit einer hunderte Kilometer langen gemeinsamen Grenze, gehört zu den Assad-Gegnern. Im Januar 2018 hat Präsident Recep Tayyip Erdogan die Militäroffensive "Olivenzweig" gegen die Kurden der YPG gestartet, die für ein unabhängiges Kurdistan eintreten, aber auch die IS-Miliz sowie die Islamisten der Al-Nusra-Front bekämpfen. Zur YPG, die die Türkei als Terrororganisation betrachtet, gehören etwa 40.000 Kämpfer. Die YPG wird wegen ihres Einsatzes gegen die IS-Milizen von den USA - vor allem mit Waffen - unterstützt.

Zu den traditionellen Gegnern Assads und der Hisbollah gehört Israel, das punktuell in den Konflikt eingreift.

3. Warum kann sich Assad an der Macht halten?

Viele Experten sind der Meinung, dass Baschar Al-Assad vor allem dank der Unterstützung des Iran und von Russland in der letzten Zeit die Kontrolle über den größten Teil Syriens zurückgewinnen konnte.

Das Geistliche Oberhaupt des Iran, Ali Khamenei, sieht den Machterhalt von Präsident Assad als wichtig für die eigenen Interessen in der Region. Teheran unterstützt auch die schiitische Hisbollah-Miliz, die seit 2012 in Syrien an der Seite von Assads Regierungstruppen kämpft. Dass der Iran auch Vertreter der eigenen Armee nach Syrien geschickt hat, wurde publik, als hochrangige iranische Militärs dort getötet wurden.

Seit September 2015 fliegt Russland Luftschläge in Syrien - offiziell gegen die IS-Miliz. Kritiker sagen, dass die russische Armee auch gemäßigte Rebellen angreift und massiv die syrischen Regierungstruppen unterstützt.

Zuletzt hat im November 2017 Syriens Präsident Baschar al-Assad, der kaum ins Ausland reist, Wladimir Putin in Sotschi getroffen.

Vor 2015 gab es international viele Politiker, die den Rücktritt von Präsident Assad forderten. Auch US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatz von Giftgas gegen die Bevölkerung durch die syrische Regierung als "rote Linie" bezeichnet. Doch dann waren die USA nicht bereit, in Syrien einzugreifen.

4. Welche Position hat die EU?

2011 versuchte die EU mit einem Ölembargo Syriens Präsident Assad unter Druck zu setzen. Die damalige EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte auch im Namen der 27 den Rücktritt von Baschar al-Assad.

Inzwischen versucht die EU vor allem, die syrische Regierung an den Verhandlungstisch der UN-Friedensgespräche zu bringen. Doch diese haben in den vergangenen Jahren kaum Erfolge gezeigt.

Vor allem unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise und dem Eingreifen Moskaus in Syrien gibt es kaum eine gemeinsame Strategie der Europäischen Union. In einer offiziellen Verlautbarung von Federica Mogherini, der Hohen Vertreterin der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik, heißt es: "Die Strategie zeigt auf, wie die Europäische Union im Rahmen der UN eine stärkere Rolle bei der nachhaltigen politischen Lösung in Syrien spielen kann und wie die EU die freiwillige, würdige und sichere Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen unterstützen kann, sobald ein glaubwürdiger politischer Übergang im Gange ist."

5. Wieviele Syrer sind geflohen?

Laut UN-Angaben sind etwa die Hälfte aller Menschen in Syrien durch den Krieg vertrieben worden. Die allermeisten von ihnen als Binnenflüchtlinge im eigenen Land oder in den Nachbarländern der Region. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht von 5,5 Millionen Flüchtlingen aus, die Syrien verlassen haben. Die Organisation hat 4,8 Millionen syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern Jordanien, Libanon, Irak und Türkei registriert. Wahrscheinlich liegen die Zahlen aber höher.

Allein die Türkei beherbergt seit Jahren mehr als 3 Millionen Flüchtlinge aus Syrien.

Rund ein Viertel aller Asylsuchenden, die 2016 über das Mittelmeer nach Europa gelangten, kommen nach UN-Angaben aus Syrien.

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In Deutschland leben etwa 700.000 Syrer.

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