Erklärt: Was wir über Sarkozy und die Gaddafi-Millionen wissen

Erklärt: Was wir über Sarkozy und die Gaddafi-Millionen wissen
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Von Alexandra Leistner
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Der Sohn des ehemaligen libyschen Machthabers Gaddafi war der erste der Sarkozy 2011 beschuldigte, hohe Summen von der Gaddafi-Familie für seinen Wahlkampf im Jahr 2007 angenommen zu haben. Wir fassen zusammen, wo der Fall heute steht.

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Hat der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy seine Wahlkampagne im Jahr 2007 mit Millionenunterstützung von Muammar Gaddafi finanziert? Dieser Frage gegen Ermittler in Frankreich nach und haben Sarkozy am Dienstag überraschend zur Befragung in Polizeigewahrsam genommen.

Was steckt hinter den Anschuldigungen? Was wird dem Ex-Präsidenten vorgeworfen? Wer ist in die Affäre verstrickt? Wo steht der Fall und wie geht es jetzt weiter?

Worum geht es bei dem Skandal?

Nicolas Sarkozy soll von der libyschen Regierung Finanzmittel für seine Präsidentschaftskampagne im Jahr 2007 erhalten haben. Diese Behauptung wurde zuerst von Gaddafi-Sohn Saif al-Islam 2011 in einem exklusiven Interview mit euronews gemacht. Anschließend berichtet auch Mediapart von den Vorwürfen.

Während der libysche Bürgerkrieg 2011 in vollem Gange war, wurde Saif al-Islam Gaddafi nach seiner Meinung zu Sarkozy gefragt. Er äußerte sich empört über die Anerkennung des Übergangs-Nationalrats durch die französische Regierung, einer Übergangsregierung, die von Rebellengruppen in Benghazi eingesetzt wurde.

"Sarkozy muss das Geld zurückzahlen, das wir ihm zur Finanzierung seines Wahlkampfes gegeben haben. Wir haben seinen Wahlkampf finanziert, wir haben detaillierte Belege dafür und sind bereit, alles preiszugeben. Das erste, was wir von diesem Clown wollen, ist also unser Geld. Wir haben es ihm gegeben, weil er dem libyschen Volk geholfen hat. Aber er hat uns enttäuscht. Gib uns das Geld zurück. Wir haben alle Details hier, die Bankkonten, die Überweisungsformulare und wir werden das alles bald veröffentlichen", so Saif al-Islam Gaddafi.

Es folgten Ermittlungen...

Im Jahr 2013 leitete Frankreich eine Untersuchung wegen der Vorwürfe ein. Auslöser war ein Interview des französischen Nachrichtenportals Mediapart mit dem französisch-libanesischen Geschäftsmann Ziad Takieddine. Takieddine sagte "Ja, Libyen hat Sarkozy und Guéant finanziert". Er behauptete, er habe 5 Millionen Euro von Gaddafis ehemaligem Geheimdienstchef Abdullah Senussi an Sarkozys Wahlkampfleiter Claude Guéant überwiesen.

REUTERS/Stephane Mahe/Archiv
Nicolas Sarkozy in Les Sables d'Olonne, 1. Oktober 2016REUTERS/Stephane Mahe/Archiv

Im September 2017 lagen Ermittler der französischen Antikorruptionsbehörde (OCLCIFF) den Richtern einen Bericht vor über nicht angemeldeten Bargeldumlauf bei Beschäftigten der Sarkozy-Kampagne.

Eric Woerth, ehemaliger Schatzmeister der Kampagne, gab zu, Bargeld an die Mitarbeiter der Kampagne verteilt zu haben. Das Geld habe aus anonymen Spenden gestammt.

Gegen welche Gesetze wurde verstoßen?

Ursprünglich wurde eine Untersuchung zur Veruntreuung öffentlicher Gelder und zur Beeinflussung des Drogenhandels eingeleitet. Aber der Anwendungsbereich hat sich inzwischen auf die "illegale Finanzierung von Sarkozys Präsidentschaftskampagne im Jahr 2007" ausgeweitet, wie aus Quellen der französischen Nachrichtenagentur AFP verlautet.

Wer ist beteiligt?

Nicolas Sarkozy
Die Polizei verdächtigt ihn, seine Kampagne 2007 illegal mit Geld der libyschen Regierung finanzieren zu haben. Der ehemalige Präsident streitet dies strikt ab.

Im Dezember 2007 machte Gaddafi einen offiziellen Besuch in Frankreich, wo Sarkozy ihn im Elysee-Palast empfing.

Muammar Gaddafi
Der verstorbene libysche Diktator soll Sarkozys Kampagne 2007 finanziert haben. Unter Gaddafi war Libyen wegen seiner Ölvorkommen ein reiches Land, war aber in der internationalen Diplomatie isoliert.

Laut Mediapart haben Gaddafi und Sarkozy die Einzelheiten des Geldtransfers während eines Besuchs von Sarkozy in Tripolis am 6. Oktober 2005 arrangiert und eine Überweisung von 50 Millionen Euro verabredet.

Gaddafi, der 2011 von libyschen Rebellen getötet wurde, hat selbst nie eine Aussage zu den Vorwürfen machen können.

Doch sein Sohn Saif al-Islam Gaddafi sagte Euronews im Jahr 2011, dass Sarkozy "Libyen das Geld zurückzahlen müsse, das er für seinen Wahlkampf bekam".

Ziad Takieddine
Ein französisch-libanesischer Geschäftsmann, der den Geldtransfer für Sarkozy ermöglichte. Er behauptet, 5 Millionen Euro in Aktenkoffern an Sarkozys damaligen Kampagnenmanager Claude Guéant übergeben zu haben.

REUTERS/Peter Summers
Alexandre Djouhri nach einem Gerichtstermin in London, 22. Februar 2018REUTERS/Peter Summers

Alexandre Djouhri
Als ehemaliger Sarkozy-Assistent steht Djouhri im Verdacht, Gelder von Libyen nach Frankreich weitergeleitet zu haben. Er wurde im Januar in London verhaftet und kämpft gegen seine Auslieferung an Frankreich. Ihm wird Geldwäsche vorgeworfen - Anschuldigungen, die er von sich weist.

Claude Gueant
Als ehemaliger Innenminister und Stabschef war Gueant Sarkozys rechte Hand.

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Er soll damals das Geld von Takieddine erhalten haben. Anfang dieses Jahres wurde er wegen einer Überweisung in Höhe von 500.000 Euro im Jahr 2008 einer polizeilichen Untersuchung unterzogen. Gueant bestreitet jegliches Fehlverhalten und behauptet, das Geld stammt aus dem Verkauf von zwei Gemälden.

Brice Hortefeux
Ehemaliger Minister für Inneres, Überseegebiete und Gebietskörperschaften. Er begleitete Sarkozy bei seinem Besuch in Tripolis im Jahr 2005.

Hortefeux wurde ebenfalls von der Polizei am Dienstag verhört, aber nicht in Polizeigewahrsam genommen.

Eric Woerth
Ehemaliger Schatzmeister der Sarkozy-Kampagne 2007. Er hat zugegeben, Bargeld an die Mitarbeiter der Kampagne zu verteilen, ohne es in den offiziellen Kontoauszügen der Kampagne anzugeben. Die Behörden wollen beweisen, dass dieses Geld von Gaddafi stammt. Nach der Herkunft des Geldes gefragt, sagte Woerth, das Geld stamme aus Spenden.

Fabrice Arfi und Karl Laske
Die Mediapart-Journalisten, die über Geschichte berichteten. Sie waren die ersten, die ein offizielles libysches Dokument aus dem Jahr 2006 veröffentlichten, das eine Zahlung von Gaddafi an Sarkozy in Höhe von 50 Millionen Euro für seine Kampagne belegt.

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Das Dokument wurde von Sarkozy zunächst als "Fälschung" bezeichnet, doch französische Gerichte entschieden im Jahr 2016, dass das Dokument echt ist.

Bachir Saleh
Saleh war Gaddafis ehemaliger Schatzmeister und sagte, Gaddafi habe Sarkozy finanziert, wie Le Monde berichtet.

Choukri Ghanem
Ölminister unter Gaddafi im Jahr 2006. Behörden glauben, dass er während der Kampagne von Sarkozy ein wichtiger Akteur im Austausch von Geldern zwischen Libyen und Frankreich war. Nach der libyschen Revolution floh Choukri nach Europa und lebte in London und Wien. Er wurde am 29. April 2012 tot in der Donau gefunden.

Was könnte als nächstes passieren?

Sarkozy war am Mittwoch wieder in Polizeigewahrsam. Dort durfte er nach französischem Recht 48 Stunden gehalten werden kann, bis es zu einer Anklage kommen musste. Laut Medienberichten durfte der Ex-Präsident in der Nacht von Dienstag zum Schlafen aber nach Hause gehen.

Am Donnerstagmorgen wurde bekannt, dass gegen den 63-Jährigen nun offiziell wegen "passiver Korruption", unerlaubter Wahlkampffinanzierung und Hehlerei bei der Hinterziehung öffentlicher Gelder Libyens ermittelt wird.

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In einer auf der Interseite des Figaro veröffentlichten Mitteilung wies Sarkozy die Vorwürfe erneut von sich. Zudem warf er der Justiz Verleumdung vor, es gebe nicht genug Beweise. Seit 2011 werde ihm wegen dieser Geschichte "das Leben zur Hölle gemacht".

Sarkozy kritisierte, die Vorwürfe gegen ihn beruhten lediglich auf "Aussagen des libyschen Ex-Machthabers Muammar al Gaddafi, dessen Sohn, Neffen, Cousin, Sprecher und Ex-Ministerpräsidenten" aber "greifbare Beweise“ gebe es nicht.

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