Moskaus Mann in Brüssel zu Massenausweisung von Diplomaten: "Ich bin tief enttäuscht"

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Von Stefan Grobe
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Der versuchte Giftmord an einem ehemaligen russischen Doppelagenten und seiner Tochter im englischen Salisbury hat zur größten Krise in der Ost-West-Diplomatie seit dem Kalten Krieg geführt.

Es war nicht das erste Mal, dass ein solcher Fall Schlagzeilen machte. Die Spuren führten aber jedes Mal nach Moskau.

Experten sehen darin Methode.

“Es scheint die Politik des Kremls zu sein, den Westen, seine Glaubwürdigkeit und seine Werte, zu spalten und zu untergraben”, sagt Rosa Balfour vom German Marshall Fund.

“Es geht nicht um die Zerstörung des Westens, aber um seine Untergrabung und um die gleichzeitige Stärkung der globalen Rolle Russlands.”

Die Ausweisung von russischem Botschaftspersonal in vielen Staaten des Westens dürfte den Kreml überrascht haben.

Doch eine vollständige Solidarität mit Großbritannien wurde nicht erreicht.

“Es gibt einen Mangel an Solidarität, wahrscheinlich weil es den hundertprozentigen Beweis nicht gibt”, meint Constantinos Filis vom Institut für Internationale Beziehungen in Athen.

“Nicht alle EU-Staaten haben etwa dieselbe wirtschaftliche Unabhängigkeit von Russland.”

Nach wie vor hat Moskau vor allem energiepolitischen Einfluss auf Europa, doch davon ließen sich viele Länder nicht beeindrucken.

“Die Tatsache, dass Deutschland, Italien und Frankreich, also die großen EU-Staaten mit engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland, Moskaus Diplomaten ausgewiesen haben, ist ein klares Zeichen”, sagt Rosa Balfour.

“Wenn einige kleinere Länder die Tür offen halten wollen, dürfte die EU-Antwort aber nicht ganz so schädlich sein.”

Euronews: Im Studio in Brüssel begrüßen wir nun Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow. Packen Sie auch schon Ihre Koffer?

Tschischow: Sollte ich?

Euronews: Ich frage nur…

Tschischow: Also, ich glaube nicht, dass es einen praktischen Grund gibt, dies zu tun. Ich arbeite seit Jahren in Brüssel an der europäisch-russischen Kooperation, bis mich mein Präsident zurückruft. Ich gedenke, das weiter zu tun.

Euronews: Welche Maßnahmen können wir nun von Russland erwarten?

Tschischow: Wir sollten Maßnahmen erwarten, die den bilateralen Beziehungen angemessen sind, denn die Ausweisungen wurden ja auf nationaler Ebene verfügt. Darauf hat ja auch Donald Tusk, Ihr EU-Ratsvorsitzender, am Freitag hingewiesen.

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Euronews: Stimmt schon, aber was sagen Sie dazu, dass einige Ihrer engsten Fürsprecher in der EU wie Ungarn und Italien ebenfalls russische Diplomaten ausgewiesen haben?

Tschischow: Ich bin tief enttäuscht, dass sich etwa die Hälfte aller EU-Staaten aus falsch verstandener Solidarität an dieser koordinierten Aktion beteiligt haben. Sie folgen damit Großbritanniens Initiative nicht aufgrund klarer Beweise, sondern aufgrund von Mutmaßungen und Verdächtigungen.

Euronews: Es sind aber viele EU-Staaten geworden und auch die USA, und diese gemeinsame Aktion ist beeindruckend. Glauben Sie, dass dies eine Atmosphäre des Kalten Krieges wiederauferstehen lässt?

Tschischow: Ich sehe keine objektiven Gründe für einen Konflikt zwischen Russland und dem Westen. Der Westen ist doch gespalten. Theresa May protzt damit, dass der Grad der Einigung und Solidarität ein Beweis dafür sei, dass russische Spaltungsbemühungen Europas gescheitert seien. Doch die eigentliche Spaltung hat sie betrieben, denn nur die Hälfte der EU-Staaten folgte ihr, die andere Hälfte nicht.

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