Mit Hakenkreuz im Publikum: Theater Konstanz testet Gesinnungen

Mit Hakenkreuz im Publikum: Theater Konstanz testet Gesinnungen
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Von Alexandra Leistner
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Zuschauer des Stücks "Mein Kampf" am Stadttheater von Konstanz können sich entscheiden: Freikarte und Hakenkreuz oder Eintritt bezahlen und einen Davidstern tragen.

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Das Zeigen von NS-Symbolen ist laut § 86a als Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verboten. Es gibt allerdings Ausnahmen, wie folgender Fall aus Konstanz zeigt:

Am Theater in der Stadt am Bodensee wird ab Freitag "Mein Kampf" von Drehbuchautor und Regisseur George Tabori aufgeführt. Das Stück an sich sorgt nicht für Aufregung, umstritten ist aber eine Aktion, mit der nach Angaben des Schauspielhauses die Aufführung "schon vor dem Kartenkauf" beginnt.

Wer eine Eintrittskarte regulär kauft, hat die Möglichkeit, während des Auftritts einen Davidstern zu tragen, als Zeichen der Solidarität mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Allerdings gibt es auch Freikarten: Dazu müssen sich die Zuschauer bereiterklären, auf der Tribüne ein Hakenkreuz-Symbol zu tragen. Das Theater will so zeigen, wie einfach Menschen sich manipulieren lassen.

"Aktuell haben im Durchschnitt rund 10 Personen pro Vorstellung sich für eine Freikarte in Verbindung mit dem Tragen des Hakenkreuz entschieden", erklärte der stellvertretende Chefdramaturg Daniel Grünauer gegenüber euronews.

Nach Start der Aktion waren bei der Staatsanwaltschaft mehrere Anzeigen gegen die Theaterverwaltung bzw. den Regisseur Serdar Somuncu eingegangen. Diesen wird aber nach einer ersten Prüfung nicht nachgegangen, wie die Staatsanwaltschaft Konstanz mitteilte.

Die Aktion des Theaters sei von der in Artikel 5 (Abs. 3) Grundgesetz verankerten Kunstfreiheit gedeckt und also gemäß Strafgesetzbuch nicht strafbar, wie der Südkurier berichtete.

Kritik war unter anderem von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bodensee und der Christlich-Jüdischen Gesellschaft gekommen. Sie hatten die Idee als "geschmacklos" bezeichnet und zum Boykott der Vorstellungen aufgerufen.

Der Intendant des Theaters sagte auf einer Pressekonferenz, er sei betroffen, "dass jüdische Freunde und Mitbürger durch unsere Inszenierung verletzt worden sind". Er war es auch der entschieden hatte, die Premiere von "Mein Kampf" am 20. April - Hitlers Geburtstag - aufzuführen.

Grünauer erklärte, das Datum sei im Team festgelegt worden. "Uns war stets bewusst, in welchem historischen Kontext das Datum steht."

"Wir wollen bewusst dieses Datum überschreiben, um es nicht den in Europa erstarkenden 'Rechten' zu überlassen", so Grünauer.

Mit dem großen auch internationalen Interesse habe man "in diesem Ausmaß" nicht gerechnet.

Auch die Stadtverwaltung hatte sich gegenüber des SWR von der Initiative distanziert.

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