Bosniens langer Marsch nach Europa

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Von Euronews
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Während Bosniens Nachbarn bis 2025 den Sprung nach Europa geschafft haben wollen, braucht der kleine Balkanstaat noch mehr Zeit. Der Grund wird auch in den Folgen des Friedensabkommens von Dayton gesehen - das fand 2005 statt.

Sophie Claudet im Gespräch mit der Diplomatin und Politikwissenschaftlerin Lelja Ramic Mesihovic.

Sophie Claudet: Wir sind im österreichisch-ungarischen Sarajevo, es gibt hier in Bosnien-Herzegowina also eine lange, gemeinsame europäische Geschichte. Will das Land deshalb Teil der Europäischen Union sein?

Lelja Ramic Mesihovic: Ohne Bosnien-Herzegowina ist die europäische Integration, der Erweiterungsprozess nicht abgeschlossen. Wir brauchen die EU hier, wenn wir dauerhaften Frieden und Stabilität auf dem Kontinent wollen, den wir alle dringend wollen.

Sophie Claudet: Einige Länder des westlichen Balkans sollen bis 2025 Mitglied der EU werden, Bosnien nicht. Warum dauert es so lange?

Lelja Ramic Mesihovic: Bosnien-Herzegowina ist ein sehr spezielles Land in einer speziellen rechtlichen und internationalen Situation. Wir sind ein Land, das mit zwei widersprüchlichen Prozessen beschäftigt ist: Da ist einerseits das Friedensabkommens von Dayton und die Implementierung der Ergebnisse. Und andererseits die Mängel, die sich aus der Umsetzung, dem Prozess ergeben. Das wirkt sich leider in vielerlei Hinsicht auf den europäischen Integrationsprozess aus.

Sophie Claudet: Einige Berichte erwähnen Korruption, schwache staatliche Institutionen, manchmal fehlende Rechtsstaatlichkeit. Wird das alles angesprochen?

Lelja Ramic Mesihovic: Die Eliten, die hier seit vielen Jahren das Land regieren, denken und handeln ich nur in Wahlzyklen. Das ist etwas, dem sie unser Leben, unsere europäische Zukunft unterordnen. Im Grunde sind das Machtspiele, die aus der schlechten Umsetzung in vielen Aspekten des Friedensabkommens von Dayton resultiert: Frustrationen, Unzufriedenheit, ethnozentrische Politik, Tagespolitik. Diese Umsetzungsmängel und ihre Folgen beeinträchtigen ernsthaft die langfristigen Ziele des Landes, wie die europäische Integration.

Sophie Claudet: Sind Sie immer noch optimistisch, dass Ihr Land in naher Zukunft Teil der EU sein wird?

Lelja Ramic Mesihovic: Ich bin depressive Optimistin.

Sophie Claudet: Was ist der Zeithorizont, an den sie denken?

Lelja Ramic Mesihovic: Zu Zeithorizonten möchte ich ihnen etwas erzählen: Es gab eine Zeit, das war 2004/2005, da war Bosnien zusammen mit Mazedonien ganz weit vorn… Nun, lassen Sie uns nicht über Vorreiter und genaue Zeitvorgaben sprechen, lassen Sie uns daran arbeiten, damit es passiert.

Die Insiders - Reportage aus Bosnien sehen Sie hier.

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