„Wer sind wir? Wer gehört zu uns? - Migranten erzwingen EU-Antworten“

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Von Sigrid Ulrich
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Der Fall des tagelang im Mittelmeer herumgeschubsten Migrantenschiffes Aquarius mischt die Stimmung in Europa auf. Für Prof. Marc Helbling vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) muss die EU sich selbst neu definieren

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Der Fall des tagelang im Mittelmeer herumgeschubsten Migrantenschiffes Aquarius mischt die Stimmung in Europa auf.

Ein paar Schlagzeilen der letzten Tage:

"Migration : Bundeskanzler Sebastian Kurz fordert mehr Schutz für EU-Außengrenzen"

"Italien und EU: Machtkampf über Migranten im Mittelmeer"

"Stimmung gegen Migranten: Rechtskonservativer Jansa gewinnt Wahl in Slowenien"

"Sind Ostdeutsche auch Migranten?"

und

„Make Europe great again“

Ist die Aufregung gerechtfertigt, Prof. Marc Helbling vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)?

"Wir wissen aus der Forschung, dass die Anzahl der Migranten oft gar keinen so großen Unterschied macht. Also dass die Leute nicht unbedingt

eine negativere Einstellung haben, selbst wenn es viele Migranten gibt. Wenn sie aber über eine relativ kurze Zeit kommen, kann natürlich schon das Gefühl der Überforderung, der Angst entstehen. Und das ist eindeutig ein Phänomen, dass wir auch gerade momentan erleben.

Andererseits ist die Aufregung  

vielleicht nicht wirklich gerechtfertigt, wenn wir bedenken, dass ein Großteil der Migration sowieso in Entwicklungsländern stattfindet und ein doch geringer Teil nach Europa kommt. Und da gibt es Länder, denen es institutionell und ökonomisch viel schlechter geht. Und die trotzdem viel mehr Migranten aufnehmen, weil ihnen

letztlich keine andere Wahl bleibt.“

Für die EU sei die aktuelle Flüchtlingskrise wie ein Katalysator – nicht wegen der Zahlen. Sie zwinge die Staatengemeinschaft zur Antwort auf die Frage: Wer sind wir?

Prof. Marc Helbling, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung:

„Die kulturelle Frage des Zusammengehörigkeitsgefühls, die Frage "wer sind wir" und `"wer gehört zu uns?´"- da geht's nicht nur um institutionelle oder ökonomische Fragen – sondern wirklich um die Grundsatzfrage: "Wie definieren wir die Gemeinschaft der Europäischen Union und wie stark unterstützen wir Personen und Länder außerhalb der EU, aber eben auch, wie stark ist die Solidarität zwischen EU-Mitgliedsländern.“

Und plötzlich sei die eigene Geschichte auch wieder lebendig, würden Fragen gestellt, die jahrzehntelang auf Eis lagen.

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Findet die EU am Ende eine neue Selbstdefinition?

Prof. Marc Helbling, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung:

„Schwierig zu sagen, ich weiß es nicht. Ich hoffe sehr, dass auch solche Fragen, die eher kultureller Natur sind, dazu führen, dass man sich stärker als Gemeinschaft wahrnimmt und bereit ist, zusammenzuarbeiten.“

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