7 Jahre Spionage unter Freunden? Wien fordert Aufklärung von Berlin

7 Jahre Spionage unter Freunden? Wien fordert Aufklärung von Berlin
Copyright  REUTERS/Joachim Herrmann
Von Kirsten Ripper mit dpa, Profil
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Offenbar hat der BND jahrelang tausende Ziele in Österreich ausspioniert, Bundeskanzler Sebastian Kurz verlangt jetzt Aufklärung.

WERBUNG

Gerade erst war Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz in Berlin und hat dort sowohl die Kanzlerin als auch Innenminister Horst Seehofer getroffen, doch jetzt kommt eine überraschende Meldung.

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) soll zwischen 1999 und 2006 systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen in Österreich überwacht haben. Das berichteten am Samstag das österreichische Nachrichtenmagazin «profil» und die Wiener Zeitung «Der Standard». Auf Grundlage BND-interner Dateien werde klar, dass in diesem Zeitraum insgesamt 2000 Telefon-, Fax- und Mobilanschlüsse sowie E-Mail-Adressen im Visier des deutschen Nachrichtendienstes gewesen seien.

"Das Ausmaß der Überwachung war ein Enormes", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Kurz sagte, erste Verdachtsmomente habe es bereits 2014 gegeben. 2016 habe Deutschland daraufhin gesetzlich geregelt, dass Spionage unter Freunden eingestellt werden müsse. Österreich wolle jetzt erfahren, wer überwacht wurde und wann die Überwachung beendet wurde. Und es müsse sicher sein, «dass sie beendet wurde». Falls Daten gespeichert worden seien, müssten sie gelöscht werden, verlangte er. Wenn es neue Informationen gebe, werde möglicherweise die Staatsanwaltschaft in Österreich aktiv. 

Österreichs Präsident Alexander Van der Bellen erklärte: "Ausspähung unter befreundeten Staaten ist nicht nur unüblich und unerwünscht, sondern ist nicht akzeptabel."

«Profil» schrieb, der BND habe sich ab 1999 vor allem für diplomatische Vertretungen und internationale Organisationen in Wien interessiert. Die Datei umfasse mehr als 200 Fernmeldeanschlüsse in 75 Botschaften, darunter die USA, der Iran, Irak, Pakistan, Libyen, Afghanistan, Israel und Nordkorea. Daneben gebe es abgehörte Nummern beim Ölkartell Opec, zwei Dutzend Nummern bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), 180 bei der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Bei anderen Organisationen der UN seien 128 Anschlüsse verzeichnet, so «profil». Außerdem seien Dutzende Unternehmen, darunter Waffenproduzenten und andere wichtige Exporteure, im Visier des BND gewesen.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Crypto-Skandal: Schweizer Firma ließ CIA (& BND) jahrelang mithören

Russischer Spion in Österreichs Bundesheer

Merkel und Kurz beraten über Flüchtlingspolitik