Null-Toleranz: 2.000 Kinder von Eltern getrennt - meist inhaftiert

Null-Toleranz: 2.000 Kinder von Eltern getrennt - meist inhaftiert
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Von Euronews mit dpa
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In den USA regt sich Protest gegen das harte Vorgehen der Behörden, die illegale Einwanderer an der Grenze zu Mexiko inhaftieren - von deren Kindern getrennt.

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In den USA gibt es Protest gegen das harte Vorgehen gegen illegale Einwandererfamilien an der Grenze zu Mexiko - besonders gegen das Schicksal der vielen Kinder. Die US-Behörden haben seit Mitte April 2000 Kinder von ihren Eltern getrennt, die einen illegalen Grenzübertritt in die USA versucht hatten. Das gab das US-Innenministerium am Freitag in Washington bekannt. Die Trump-Administration hatte im Frühjahr damit begonnen, ihre «Null-Toleranz-Poltik» gegenüber illegalen Einwanderern an der Südgrenze zu Mexiko durchzusetzen.

Den Angaben zufolge waren zwischen 19. April und 31. Mai 1995 Kinder an der Seite von 1940 Erwachsenen an der Grenze aufgegriffen worden. Es sei eine gängige Norm in der Strafverfolgung, dass Kinder nicht gemeinsam mit ihren Eltern inhaftiert würden. Sie würden in speziellen Einrichtungen oder bei Pflegefamilien untergebracht. Allerdings würden Säuglinge nicht von ihren Müttern getrennt.

Menschenrechtsgruppen schlagen Alarm, weil Kinder teilweise in Zeltlagern beherbergt werden.

Die Behörden hätten nur zwei Möglichkeiten: Entweder die illegalen Migranten abzufangen und zu bestrafen, oder sie einreisen zu lassen. Die Oppositionsführerin im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, nannte die Vorgehensweise "beschämend". US-Präsident Donald Trump bezichtigte seinerseits Pelosis Demokraten, eine Gesetzesänderung mit einer Lösung für Migrantenkinder verhindert zu haben.

Eine Rede von Vizepräsident Mike Pence wurde von Protestierenden unterbrochen.

Der US-Justizminister Jeff Sessions war in die Schlagzeilen geraten, nachdem er Bibelverse zitiert hatte, die das Vorgehen gegen Migranten aus seiner Sicht rechtfertigen sollen. "Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen", heißt es unter anderem im Brief des Apostels Paulus an die Römer, Kapitel 13. Diese Bibelstelle wurde unter anderem von Südstaatlern zur Rechtfertigung der Sklaverei verwendet.

Widerstand in Kalifornien

Trumps strikte Einwanderungspolitik - vom geplanten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko bis zur drohenden Abschiebung junger «Dreamer»-Migrantenkinder - ist nur eines von vielen heißen Themen, die auch in Kalifornien kritisch gesehen werden.. Zentrale Streitpunkte sind auch die befürchtete Aufweichung der Umweltvorschriften durch Washington, von Abgasstandards für Autos bis zu Ölbohrungen entlang der Pazifikküste. Mehr als zwei Dutzend Klagen hat Kalifornien gegen die Trump-Regierung eingereicht.

«Kalifornien ist für Trump, was Texas für Präsident Obama war», sagt Jessica Levinson über die Welle von Anfeindungen und Klagen. «Natürlich gibt es immer Bundesstaaten, die sich mit Washington streiten, aber so ein großes Ausmaß von Spaltung, Wut und Angst habe ich zuvor noch nicht gesehen», sagt die Rechtsexpertin.

Jerry Brown ist die Galionsfigur im Kampf gegen Trump. 2011 hatte er als ältester amtierender Gouverneur Kaliforniens die Nachfolge von dem republikanischen «Terminator» Arnold Schwarzenegger angetreten. 1974 hatte er als jüngster Kandidat die Wahl gewonnen. Er war vehementer Vietnamkriegsgegner, der als Gouverneur in einer kleinen Wohnung lebte, Energiesparen propagierte und mit der Country-Rock-Sängerin Linda Ronstadt ausging. Er studierte Zen-Buddhismus in Japan und arbeitete an der Seite von Mutter Teresa in Indien. Er ist in vielem das Gegenteil von Trump.

Ein Treffen mit Brown steht auf dem Programm von Frank-Walter Steinmeier, wenn der Bundespräsident kommende Woche die US-Westküste besucht. In Pacific Palisades bei Los Angeles wird er das Thomas-Mann-Haus eröffnen, in Silicon Valley und San Francisco sind Gespräche mit Wirtschaftsvertretern und Politikern geplant. Zum US-Präsidenten nach Washington reist Steinmeier nicht. In der US-Hauptstadt heißt es, das habe auch nie zur Debatte gestanden, schon aus Termin- und Protokollgründen nicht.

Trump macht seit seinem Einzug ins Weiße Haus um Kalifornien einen großen Bogen. Als Präsident hat er der liberalen Hochburg erst einen einzigen kurzen Besuch abgestattet - und der führte Mitte März nach San Diego an die Grenze zu Mexiko, wo er sich Prototypen seines geplanten Mauer-Projekts zeigen ließ.

Schon im Wahlkampf hatte sich Trump «The Wall» auf die Fahne geschrieben. Er sieht darin ein wirksames Mittel gegen illegale Einwanderung und Drogenhandel.

In einem Brief mit viel Ironie hatte Brown Trump eingeladen, sich auch andere Teile Kaliforniens anzusehen. Süffisant zitierte er Trumps republikanischen Amtsvorgänger George W. Bush bei dessen erstem Kalifornienbesuch als Präsident: «Seit Jahrzehnten ist Kalifornien der Ort, wo die Zukunft zuerst passiert. Dieser anhaltende Erfolg ist lebenswichtig für den Erfolg unserer gesamten Volkswirtschaft.»

Tatsächlich boomt es in Kalifornien, nicht nur im High-Tech-Herzstück Silicon Valley. Der Staat hat sich von der schweren Immobilienkrise und dem Milliardendefizit während Schwarzeneggers Amtszeit längst erholt. Kalifornien ist die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt ist größer als das Großbritanniens.

Ohne Einwanderer wäre dieser Wirtschaftserfolg undenkbar, sagt Gouverneur Brown. «Kalifornien gedeiht, weil wir Einwanderer und Innovatoren aus der ganzen Welt willkommen heißen». Doch auch im Goldenen Staat sind illegale Migranten aus Mexiko und Mittelamerika nicht vor dem Zugriff der Trump-Regierung sicher. In den Vereinigten Staaten leben nach Schätzungen rund elf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsrecht, mehr als 2,3 Millionen davon in Kalifornien.

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