Tote Delfine an Frankreichs Küsten: Wie kommen die Meeressäuger um?

Toter Delfin mit angetrennter Schwanzflosse am Strand der Ile de Ré
Toter Delfin mit angetrennter Schwanzflosse am Strand der Ile de Ré Copyright Observatoire PELAGIS
Von Vincent CosteAlexandra Leistner
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Immer mehr Delfine sterben im Atlantik - sie ertrinken qualvoll. Umweltschützer schlagen Alarm.

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Rund 700 Delfine wurden tot an französische Stränden angeschwemmt, das geht aus Statistiken hervor. Tierschützer schlagen Alarm, denn die meisten von sind ihnen Opfer der Fischereiindustrie.

Zwischen Januar und April 2018 wurden an den Stränden der französischen Atlantikküste etwa 700 Delfine, die meisten davon gemeine Delfine sowie einige Schweinswale, tot aufgefunden.

"Siebzig bis achtzig Prozent von ihnen zeigten Verletzungen, die mit einem Unfalltod durch Fischfanggeräte vereinbar sind", sagte Olivier Van Canneyt, Biologe am Observatoire Pelagis - einem Forschungszentrum, das sich der Erhaltung von Meeressäugern und Vögeln widmet - gegenüber Euronews.

Schnitte von Fischernetzen, amputierte Flossen, gebrochene Kiefer oder Schnäbel sowie Anzeichen von Ersticken sind einige der Merkmale die auf den Tod in Fischernetzen schließen lassen.

Steigende Zahlen

Das Phänomen ist nicht neu - und das Observatoire Pelagis sammelt seit 40 Jahren Daten über angeschwemmte Meeressäuger. Allerdings sind die Zahlen in den letzten drei Jahren gestiegen.

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Toter Delfine an einem Srand im Dptm. VendéeObservatoire PELAGIS

Die gestrandeten Delfine stellen nur einen kleinen Bruchteil der Zahl der Todesfälle dar, die durch Fischereifahrzeuge verursacht werden. Wissenschaftler schätzen, dass etwa 4.000 gemeine Delfine auf diese Weise sterben, wobei 80 % von ihnen auf dem Meeresgrund versinken und sich zersetzen.

Am sichtbarsten ist es im Winter, da mehr Delfine zu dieser Zeit in Küstennähe sind.

"Alle wollen in dieser Zeit Fische fangen - Delfine und Fischer", sagte van Canneyt.

"Es kann im Sommer zu unbeabsichtigten Fängen vor der Küste kommen, aber davon bekommen wir vielleicht nichts mit", fügte er hinzu.

Wie der Beifang verhindert werden kann

Die meisten Delfine werden von großen Schleppnetzen gefangen, die zwischen zwei kleinen Schiffen oder von einem einzigen großen "Trawler" eingesetzt werden. In Frankreich sind 30 % der 6.000 Fischereifahrzeuge solche Trawler.

Tests, bei denen beispielsweise die Netze angepasst wurden, damit die Delfine entkommen können, waren ohne Erfolg, erklärte Van Conneyt.

Akustische Pinger, die am Netz befestigt sind und schallabweisend wirken, waren am effektivsten im Kampf gegen den Beifang. Sie wurden entwickelt, um zu verhindern, dass Schweinswale von Fischern gefangen werden, die mit Stellnetzen auf Booten arbeiten, die viel kleiner und daher weniger laut sind als Trawler.

Van Canneyt fordert stärkere Pinger. Ein entsprechendes Programm zur Ausrüstung von Trawlern mit derartigen Pingern soll im kommenden Winter in Frankreich gestartet werden.

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Durchgetrennter Unterkiefer an einem toten DelfinObservatoire PELAGIS

Eine europäische Antwort

Das Thema ist nicht auf französische Gewässer beschränkt, die bis 12 Seemeilen (22 km) von der Küste entfernt sind.

"Im Golf von Biskaya wird die spanische Fischerei betrieben, was einen erheblichen Fischereiaufwand bedeutet", sagte Héléne Peltier vom Observatoire Pélagis gegenüber Euronews. Auch große industrielle Fisch- und Gefrierunternehmen, vor allem niederländische und französische, sind dort tätig.

Vorschriften bringen weitere Schwierigkeiten

"Auf französischer Ebene versuchen wir bereits, Entscheidungen zu treffen und Lösungen zu finden, um unser Wissen zu verbessern. Auf europäischer Ebene ist es angesichts des Themas sofort komplizierter", betonte Peltier und bezog sich vor allem auf Fangquoten.

Während Frankreich über die Zahl der Meeressäuger, die dort stranden, detailliert Rechenschaft ablegt, sind andere Länder nicht so streng. Die Zusammenarbeit zwischen den Instituten, vor allem mit Großbritannien ist im Gange, um ein umfangreicheres Bild der zufälligen Erfassung zu zeichnen.

Wissenschaftler setzen sich auch dafür ein, mehr Zeit auf Fischereifahrzeugen zu verbringen, um diese zu beobachten.

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"Wir haben ein riesiges Datendefizit. Daher ist es schwierig, technisch passende Lösungen zu finden", sagte van Conneyt.

Bei einem von EU-Mitteln finanzierten Programm im kommenden Winter sollen Pinger getestet werden. Doch auch Fischereipraktiken werden genau unter die Lupe genommen.

"Wir werden versuchen, gute Praktiken zu entwickeln und dann Maßnahmen zu ergreifen, die an die Fischerei-Industrie angepasst sind, ohne dabei zu restriktiv zu sein. Immer mit dem Ziel, den Beifang so gering wie möglich zu halten."

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Eine Forscherin untersucht tote Delfine im Departement Charente-MaritimeObservatoire PELAGIS
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