Genua-Brücke war nicht sicher - Warnungen einfach ignoriert?

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Von Johannes Pleschberger
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Bereits vor Jahren hatten Experten und Politiker gewarnt, man müsse die Autobahnbrücke in #Genua rechtzeitig abreißen. Nun ist es zu spät.

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Während die Zahl der Todesopfer steigt, sorgt der tragische Brückenzusammenbruch in Genua nicht nur für Entsetzen und Trauer sondern auch für Spekulationen rund um die Schuld an dem Unglück.

Der betroffene Polcevera-Viadukt, auch Ponte Morandi genannt, ist eine vierspurige Autobahnbrücke in der italienischen Hafenstadt. Das 1967 eingeweihte Bauwerk aus Spannbeton war vom italienischen Ingenieur Riccardo Morandi entworfen worden, der einige Jahre später Selbstmord beging. Die elegante Schrägseilbrücke gilt als ein Meisterwerk der Architektur des 20. Jahrhunderts. Sie war 1.182m lang, der größte Bogen: 210m. Die Struktur ähnelt in etwa der der Brooklyn Bridge. Sie erhielt den gesamten Verkehr aus dem Westen Liguriens nach Genua.

"Brücke rechtzeitig abreißen" - Experten warnten bereits vor Jahren

Zuletzt war die Sicherheit der Brücke jedoch umstritten. Professor Brencich von der Universität Genua warnte vor zwei Jahren, dass - im Hinblick auf die Nutzungsdauer, die ein solches Bauwerk haben sollte (mindestens 100 Jahre) - bereits die ersten Jahrzehnte nach der Inbetriebnahme von Rissbildung und Degradierung des Betons gekennzeichnet waren. Die laufenden Kosten für die Instandhaltung hätten zudem in wenigen Jahren die Kosten für den Wiederaufbau der Brücke überstiegen. Deshalb sei es an der Zeit gewesen, die Brücke abzubrechen und wieder aufzubauen.

Kritik kam auch vom ehemalige Stadtrat Gianni Vassallo (Demokratische Partei), und zwar bereits im Jahr 2014: "Als die Brücke gebaut wurde, war sie nicht für den Verkehr solch schwerer Fahrzeuge vorgesehen."

Die tragischen Bilder des Unglück:

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"Man glaubte, Stahlbeton würde ewig halten"

Die italienische Nachrichtenagentur ANSA hat das Problem mit der Morandi-Brücke zusammengefasst: Die Ankerstäbe der Brücke waren aus Beton und nicht aus Metall und in den 60er Jahren hatte man nicht damit gerechnet, dass der Beton abbaut und dann zusammenbricht.

Vor fünfzig Jahren gab es uneingeschränktes Vertrauen in Stahlbeton. Man glaubte, es hält ewig. Stattdessen musst man erkennen, dass es nur ein paar Jahrzehnte hielt. Das erklärt der genuesische Architekt Diego Zoppi, ehemaliger Präsident des Genueser Ordens, heute Mitglied des Nationalrates der Architekten:

"Bei den ständigen Vibrationen des Verkehrs reißt der Zement und lässt Luft passieren, die die innere Metallstruktur erreicht und diese dann oxidieren lässt. Die ursprüngliche Funktion des Zements, der den Stahl schützen soll, ist dadurch nicht mehr gegeben. Aus diesem Grund war die Brücke schon immer mit umfangreichen Wartungsarbeiten verbunden. Sie war sehr teuer in der Verwaltung."

Update: Autobahnbetreiber weißt Vorwürfe zurück

Der Verantwortliche des Autobahnabschnittes von Genua, Stefano Marigliani, hält unterdessen nichts von diesen Vorwürfen. In einem Radio-Interview sagte er kurz nach dem Unglück:

"Es gab keine Anzeichen von Gefahr. Die Brücke unterlag häufigen Kontrollen, sie war eine ständig überwachte Infrastruktur. Die laufenden Arbeiten waren nur normale Wartungsarbeiten. Es gab einige Konsolidierungsarbeiten, wir haben die Sicherheitsbarrieren geändert. Einer der drei Pfeiler ist abgestürzt, wir müssen nun die Ursachen überprüfen."

Italiens Bauwerke der 50er und 60er "dringend renovierungsbedürftig"

Laut dem Architekten DIego Zoppi sind die Bauwerke, die in Italien in den 1950er und 1960er Jahren gebaut worden sind, dringend renovierungsbedürftig. Die Gefahr des Zusammenbruchs wird unterschätzt. Die Konstuktionen, die zu dieser Zeit gebaut wurden, seien durch ihr jetziges Alter in Gefahr.

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