Seit 3 Monaten in Europa: Das neue Leben der Aquarius-Passagiere

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Von Euronews
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Die marokkanische Familie Dahrabou war vor drei Monaten in Valencia von Bord des Rettungsschiffs Aquarius gegangen. Euronews-Reporterin Anelise Borges lernte das Ehepaar und seine kleine Tochter an Bord kennen und besuchte sie in ihrem "neuen Leben" in Spanien.

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Willkommen in einem neuen Leben. Vor drei Monaten ging die Familie Dahrabou von Bord des Rettungsschiffes Aquarius, das erst nach tagelanger Irrfahrt über das Mittelmeer die Erlaubnis erhielt, in Valencia anzulegen.

Ihr Schicksal teilt die Familie mit über 600 weiteren Passagieren der Aquarius. Euronews-Reporterin Anelise Borges hat die marokkanische Familie auf der Aquarius kennengelernt und jetzt wiedergetroffen. Mittlerweile kann sich das Trio auch eine Zukunft in Spanien vorstellen, obwohl es die Familie zunächst aus persönlichen Gründen nach Frankreich zog. Dort wurden ihre Asylanträge jedoch abgelehnt.

Ali Dahrabou berichtet: "Wir haben es versucht und hatten zwei Anhörungen durch französische Behörden. Am Ende haben sie uns nicht akzeptiert. Wir wollten eigentlich unbedingt nach Frankreich, vor allem wegen der kulturellen Nähe und der Sprache. Als wir dann von der Entscheidung erfahren haben, fühlten wir uns sehr schlecht."

Die Fluchtgründe

An Bord der Aquarius haben Ali und seine Ehefrau berichtet, dass sie vor der Gewalt in Libyen geflohen sind. Erst jetzt wird allmählich klar, warum sie tatsächlich nicht zurück in ihr Heimatland wollten. Aus den Unterlagen zu Mariams Asyl-Anhörungen geht hervor, dass ihre Familie in Marokko in Armut lebte. Und sich gezwungen sah, Mariam an einen Drogenschmuggler zu verkaufen. Die Aufzeichnungen beschreiben die schmerzhaften Erinnerungen an Vergewaltigungen und Nötigung.

Als Mariam schließlich geschieden war, flüchtete sie. Gemeinsam mit Ali reiste Mariam nach Libyen,um ein neues Leben zu beginnen. Konfrontiert mit der Gewalt in Libyen, sah das Paar keinen anderen Ausweg als an Bord eines Schlauchbootes zu gehen, um das Mittelmeer zu überqueren. Dann wurden sie von der Aquarius aufgenommen.

Das Wohl der Tochter

Ali Dahrabou bringt die Motivation der Eltern auf den Punkt: "Alles, was wir getan haben, haben wir für unser Mädchen getan. In Libyen hätte sie keine Zukunft gehabt. Wenn ich hier in Spanien einen Job bekomme, dann könnte ich mit Sicherheit für meine Familie sorgen, und meiner Tochter eine bessere Zukunft bieten."

Auch Mariam Dahrabou stellt das Wohl ihrer Tochter in den Vordergrund: "Ich möchte auch Arbeit finden, weil meine Tochter dann zur Schule gehen kann. Vielleicht wird sie dann später Ärztin, Anwältin oder Journalistin."

Botschaft aus Madrid

Mit der Erlaubnis zum Anlanden der Aquarius sandte die spanische Regierung eine starke politische Botschaft der Solidarität. Als sicherer Hafen für Menschen wie Mariam und Ali, die alles aufs Spiel setzen, um ihr Schicksal zu ändern. Allein in der Region Valencia wurden über 150 Passagiere der Aquarius aufgenommen. Heute, drei Monate später, und trotz der Kosten für Nahrung, Unterkunft und Bürokratie, weigern sich spanische Behörden, im Fall der Schutzsuchenden von der Aquarius von einer Krise zu sprechen.

Juan Carlos Fulgencio ist der Beauftragte der Zentralregierung in Madrid für die Region Valencia: "Nein, keine Krise, denn Spanien hat kein Migrationsproblem. Wir erleben Zeiträume mit vielen und wenigen Ankünften. Das zieht sich durch die ganze Geschichte Spaniens."

Plädoyer für ´gesamteuropäische Lösung

Seit Italien und Malta einen härteren Kurs in der Migrationspolitik beschreiten, erlebt Spanien einen bedeutenden Anstieg von Schutzsuchenden an den Küsten. Spanische Behörden sind sich beim Umgang mit den gestiegenen Neuankünften darüber einig, dass es nur eine gesamteuropäische Lösung für die Situation geben kann.

Dazu noch einmal Juan Carlos Fulgencio: "Anzunehmen, dass Migration ein punktuelles oder lokales Problem ist, ist ein schrecklicher Fehler. Wenn sich Europa als Gesellschaft weiterentwickeln will, muss das klar sein und man muss an der Migrationspolitik arbeiten. Abhängig von den spezifischen strukturellen Faktoren jeder Nation, wird es weiter Migrantenströme geben. Weil Menschen vor Krieg, Tod und Hunger fliehen."

Menschen wie Mariam, Ali und Miral, die ein sehr schwieriges Dasein unter lebensbedrohlichen Umständen beendet haben, um aus dem Nichts neu anzufangen.

Menschen, die ausschließlich darauf hoffen können, dass Europa ihnen eine zweite Chance gibt.

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