Moscovici zum Budgetstreit: «Sanktionen sind ein Misserfolg»

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Von Sigrid Ulrich mit dpa
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Strafmaßnahmen sind im Haushaltsstreit der EU-Kommission mit Italien nicht gewollt, aber durchaus möglich. Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici: "Sanktionen könnten am Ende angewandt werden, wenn wir eine Einigung nicht im Rahmen der gemeinsamen Regeln erreichen können“

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Strafmaßnahmen sind im Haushaltsstreit der EU-Kommission mit Italien nicht gewollt, aber durchaus möglich.

“Ich bin für einen Dialog, aber Sanktionen könnten am Ende angewendet werden, wenn wir keine Einigung erzielen”, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.

Die Kommission hat in der Vergangenheit vor disziplinarischen Maßnahmen gegen Staaten der Eurozone immer auf die endgültigen Daten über die öffentlichen Finanzen gewartet, die im April verfügbar sind.

Dieses Mal könnte sie stattdessen ihre eigenen Wirtschaftsprognosen nutzen, die am 8. November herauskommen.

Pierre Moscovici

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici:

"Ich war nie für Sanktionen, Sanktionen sind immer ein Misserfolg. Es ist ein Misserfolg für das Land, der sanktioniert wird. Es ist auch ein negatives Urteil für die Regeln, weil sie nicht funktioniert haben oder keinen Konsens schaffen. Ich möchte einen Dialog. Aber nochmal: Sanktionen können am Ende angewandt werden, wenn wir diese Einigung nicht im Rahmen der gemeinsamen Regeln erreichen können.“

Giovanni Tria

Italiens FinanzministerGiovanni Tria sagte, er erwarte weiter einen "konstruktiven" Dialog, zwischen der Kommission und Italien.

SANKTIONSREGELN

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (Euro-Stabilitätspakt) enthält Vereinbarungen, die im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion für finanzpolitische Stabilität sorgen sollen, insbesondere für den Euro und die Staaten der Eurozone.

Droht das Haushaltsdefizit eines Mitgliedstaates die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu überschreiten, kann die Europäische Kommission eine „Frühwarnung“ („Blauer Brief“) erlassen.

Überschreitet das Haushaltsdefizit tatsächlich drei Prozent, startet der Rat für Wirtschaft und Finanzen ein „Verfahren wegen übermäßigen Defizits“. In einer ersten Stufe müssen die

betroffenen Länder einen Plan vorlegen, wie sie das Defizit abzubauen gedenken. Halten sie diesen Plan nicht ein, können Sanktionen verhängt werden: Geldstrafen von 0,2 bis zu 0,5 Prozent des BIP des betroffenen Landes.

Der EU-Ministerrat kann von defizitären Staaten verlangen, dass sie eine unverzinsliche Einlage in „angemessener Höhe“ in Brüssel hinterlegen, bis das übermäßige Defizit korrigiert ist.

Ein Staat kann aufgefordert werden, vor der Ausgabe von Schuldverschreibungen und sonstiger Wertpapiere zusätzliche Angaben zu veröffentlichen.

Die Europäische Investitionsbank kann aufgefordert werden, ihre Darlehenspolitik gegenüber einem Land

zu überprüfen.

Die Sanktionen können allerdings nicht von der Europäischen Kommission verhängt werden: Die Entscheidung muss letztlich vom Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden, wobei das betroffene Land kein Stimmrecht hat.

FINANZKRISE

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Infolge der weltweiten Finanzkrise ab 2007 erfüllten 20 der 28 EU-Mitgliedsstaaten die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zeitweise nicht mehr. Im Frühjahr 2010 wurde über entsprechende Verfahren gegen fünf weitere Staaten berichtet. 2011 liefen Verfahren gegen 24 der 28 EU-Länder. Seit Mitte 2018 ist Spanien das letzte EU-Land, gegen das noch ein Defizitverfahren läuft.

Sigrid Ulrich

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