Vertuschungsprozess in Lyon: Missbrauchsopfer sagen aus

Vertuschungsprozess in Lyon: Missbrauchsopfer sagen aus
Von Renate Birk mit afp, dpa
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Erzbischof Philippe Barbarin sagt, er sei den Vorschlägen aus dem Vatikan gefolgt

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Der Erzbischof von Lyon und Primas von Gallien, Philippe Barbarin, weiß nicht, warum er vor Gericht steht. Die Anklage gegen ihn und fünf weitere Geistliche lautet auf Nichtanzeige sexueller Übergriffe eines Priesters auf Minderjährige und unterlassene Hilfeleistung. Barbarin sagt, sein Wissen um die Fälle sei "vage" gewesen, letztendlich habe er getan, was der Vatikan wollte: bloß kein Skandal.

Etwa 70 Pfadfinder soll der Priester Bernard Peynat missbraucht haben. Der heute 72-jährige Priester übt kein Amt mehr aus, wann sein Prozess beginnt, ist unklar.

An diesen Tagen jedoch interessiert sich die Presse vor allem für einen der höchsten Würdenträger der katholischen Kirche in Frankreich: Phillippe Barbarin.

Er und andere seien im Bilde gewesen, so der Opferverein "La Parole Libérée" und hätten geschwiegen.

Mutmaßliches Opfer: "Auf dem silbernen Tablett serviert"

Didier Burdet ist einer der ehemaligen Pfadfinder. Er sagt, verantwortlich für die Taten seien die, die Peyrat immer weiter machen ließen:

"Die Verantwortung liegt bei denen, die ihn in Amt und Würden behielten, die ihn sogar immer weiter befördert haben, ihn mit Kindern arbeiten ließen. Man hat ihm die Opfer auf dem silbernen Tablett serviert."

"Er hat mir alles genommen, meine Kindheit, meine Unschuld", sagt Didiers Bruder Christian Burdet. "Nach solchen Angriffen, wie ich sie erlebte, hören die Fragen nie auf, und Antworten werde nie bekommen."

Erzbischof: "Getan, was Vatikan vorschlug"

Alexandre Dussot-Hezez, Mitbegründer des Opfervereins, informierte Barbarin 2014 persönlich. Barbarin sagte über dieses Treffen, sogar Dussot-Hezez habe gemeint, was passiert sei, sei passiert. Man könne nichts mehr rückgängig machen. Außerdem sei Dussot-Hezez "vage" gewesen. 2015 habe er im Vatikan um Rat gebeten, so Barbarin. Dort habe man ihm vorgeschlagen, erst einmal nichts zu unternehmen, damit es keinen Skandal gebe, und wenn etwas Zeit vergangen sei, bei der nächsten Vergabe der Stellen, dafür zu sorgen, dass der Priester kein Amt mehr ausübe. Das habe er getan.

Dussot-Hezez erklärte nach dem Gerichtstag in Lyon, für Opfer sexueller Gewalt sei es nicht leicht, darüber zu sprechen:

"Es ist anstrengend, vor Gericht über Vergewaltigung, sexuelle Angriffe, auszusagen. Doch es ist wichtig wegen der Folgen, auch wenn die Verteidigung sagen wird, das sei es nicht."

Geheimnisse eines "Lieblingsjungen"

Die ehemaligen Pfadfinder sagten am Dienstag in Lyon aus, der Priester habe immer ein Kind zum "garçon préféré" (Französisch, "Lieblingsjunge") ernannt. Dieser habe dann Zeit mit dem Priester allein verbringen dürfen. Der "Lieblingsjunge" und der Priester hatten Geheimnisse: Zärtlichkeiten, Berührungen, Oralsex.

Der Erzbischof von Lyon, Philippe Barbarin, sagte vor Gericht, er gebe zu, das Ganze sei "nicht glücklich" gelaufen.

"Opfer auf dem silbernen Tablett serviert"
"Man hat ihn sogar befördert"
Erzbischof: "Nicht glücklich gelaufen"
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