Euro-Inflation sinkt wieder - hat die EZB die Zinswende verpasst?

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Von Sigrid Ulrich mit dpa, Reuters
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Die Inflation im Euroraum hat sich im Dezember abgeschwächt und vom Ziel der Europäischen Zentralbank wieder etwas entfernt. Experten sehen lange Jahre mit Nullzinsen kommen. Mitte Juli hatte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gewarnt, die Notenbank könne im nächsten Abschwung kaum reagieren

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Die Inflation im Euroraum hat sich im Dezember abgeschwächt und sich vom Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder etwas entfernt. Die EZB strebt mittelfristig knapp zwei Prozent Inflationsrate an, bei der sie geldpolitisch weder bremsen noch Gas geben sollte.

Die Verbraucherpreise seien um 1,6 Prozent zum entsprechenden Vorjahresmonat gestiegen, nach 1,9 Prozent im November, so das Statistikamt Eurostat in einer zweiten Schätzung.

Damit fällt die Teuerung auf den niedrigsten Wert seit April.

Hinter dem Durchschnitt stecken extreme Unterschiede – zwischen 0,6 Prozent in Griechenland und 3,3 Prozent in Estland, das ebenfalls in Euro bezahlt.

Preistreiber waren Dienstleistungen (plus 0,58 Prozentpunkte), gefolgt von Energie (plus 0,53 Punkte), Lebensmitteln, Alkohol und Tabak (plus 0,34 Punkte) und Industriegütern ohne Energie (plus 0,12 Punkte).

Weil gleichzeitig die Konjunktur schwächelt - die Wirtschaft der Eurozone ist Ende 2018 so langsam gewachsen wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr – der gemeinsame Einkaufsmanagerindex von Industrie und Dienstleistern fiel im Dezember um 1,6 auf 51,1 Punkte, so das Institut IHS Markit zu seiner monatlichen Umfrage unter tausenden Unternehmen. Damit liegt das Barometer nur noch leicht über der Marke von 50, die Wachstum signalisiert.

Experten warnen vor weiteren langen Jahren der Nullzinsen. Schon seit über einem Jahrzehnt kennt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nur noch eine Richtung: Im Rahmen der Finanzkrise hat die Notenbank den Leitzins immer weiter abgesenkt.

Um die aus ihrer Sicht unerwünscht niedrige Inflation anzuheizen, hatte die EZB seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen und andere Wertpapiere erworben. Die auf mehr als 2,6 Billionen Euro angeschwollenen Käufe wurden im Dezember eingestellt. Inzwischen werden nur noch auslaufende Papiere wieder ersetzt. Dennoch bleibt die Geldpolitik sehr locker. Ihre Leitzinsen wollen die Währungshüter noch bis mindestens über den Sommer hinaus nicht erhöhen.

Der Schlüsselsatz liegt bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Kurz darauf zog die Inflation wieder an. Heißt: Seither verlieren Sparer mit einer durchschnittlich verzinsten Tages- oder Festgeldanlage Kaufkraft, denn die Zinsen gleichen die Inflationsverluste nicht aus.

Und angesichts der nachlassenden Inflation in der Eurozone erwarten viele Anleger nicht, dass die Zinsen vor 2020 wieder steigen.

Fatal: Schon Mitte Juli warnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann die Bundesregierung, es werde noch längere Zeit dauern, bis sich die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder normalisiere. Die Notenbank könne im nächsten Abschwung kaum reagieren.

Der amtierende EZB-Präsident Mario Draghi muss sich damit vermutlich nicht mehr herumschlagen – seine Dienstzeit endet spätestens Anfang November 2019, Wiederwahl ausgeschlossen.

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