31. März: Warum sind die Kommunalwahlen in der Türkei so wichtig? | Fragen & Antworten

31. März: Warum sind die Kommunalwahlen in der Türkei so wichtig? | Fragen & Antworten
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Von Kamuran SamarLinda Fischer
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Erdogan selbst bezeichnete die Wahl als existenzielle Prüfung für die Türkei.

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Am kommenden Sonntag, den 31. März, werden in der Türkei Bürgermeister und Gemeinderäte gewählt. Normalerweise fänden diese Kommunalwahlen international kaum Erwähnung – dieses Jahr jedoch hat sich das Messen zwischen den Bürgermeisterkandidaten in eine, über die Grenzen hinweg polarisierende, Wahlkampagne verwandelt, in der Präsident Recep Tayyip Erdogan eine zentrale Rolle spielt.

Warum ist das wichtig?

Mit den Wahlen wird die Unterstützung von Erdogan zum ersten Mal nach den Präsidentschaftswahlen im Juni 2018 auf die Probe gestellt. Im vergangenen Jahr hatte er mit dem Präsidialsystem seine Macht über die Legislative und das Justizwesen weiter ausgebaut.

Je nachdem, wem die 57 Millionen registrierten Wähler jetzt ihre Stimmen geben, könnte das drastische Auswirkungen auf die innenpolitische Agenda des Landes haben. Fällt das Ergebnis aus Erdogans Sicht schlecht aus, wäre das ein Schlag für die gesamte Regierung. Und auch die Beziehungen zu den USA würden beeinträchtigt: Im Bündnis mit Erdogans Partei AKP könnte die nationalistische MHP den Präsidenten weiter antreiben, aggressiv gegen die Kurden in Syrien vorzugehen.

Erdogan selbst bezeichnete die Wahl als existenzielle Prüfung für die Türkei.

Die Rolle der türkischen Wirtschaft

Die wirtschaftliche Rezession in der Türkei ist ein weiterer Schlüsselfaktor, der den Einfluss der Regierungspartei auf Schlüsselstädte wie Istanbul und Ankara gefährdet. Die Inflation ist auf 20 Prozent gestiegen, während die Arbeitslosigkeit mittlerweile bei 11 Prozent liegt – wobei jeder fünfte Jugendliche arbeitslos ist. Umfragen zeigen, dass Wirtschaft und Arbeitslosigkeit zu den größten Sorgen der Wähler gehören.

Die Lebensmittelpreise sind in der Türkei im Vergleich zum vergangenen Jahr um fast 30 Prozent gestiegen, so das türkische statistische Amt. Die Regierung versuchte deshalb, die Nahrungsmittel-Inflation zu bekämpfen, indem sie Obst und Gemüse direkt an die Bürger verkaufte.

Mehrmals schon hob die Zentralbank den Leitzins an, um der Inflation des Lira Einhalt zu gebieten – entgegen Erdogans Forderungen, der der Bank später vorwarf, die Inflation durch falsche Entscheidungen nach oben zu treiben.

Was steht auf dem Spiel?

Es geht um die Kontrolle von insgesamt 81 Gemeinden. Derzeit werden 49 von ihnen von der AKP verwaltet. Izmir, Adana, Bursa, Ankara und Istanbul sind die größten Städte und werden sowohl von der AKP als auch von einem Bündnis von Oppositionsparteien heftig umkämpft. Istanbul und Ankara gelten als unverzichtbar für die Regierungspartei.

Wer tritt gegeneinander an?

Für die Wahlen gibt es zwei Hauptallianzen. Die "Volksallianz" besteht, wie in der Staatsregierung, aus Erdogans AKP und der MHP, einer nationalistischen Partei, die sich heftig gegen jede Kooperation mit der prokurdischen Partei HDP wehrt.

Als Antwort darauf haben sich die wichtigste Oppositionspartei der Türkei, die CHP, und die konservative İyi, auch genannt Gute Partei, zusammengeschlossen und die "National Alliance" gegründet.

Die prokurdische Partei HDP, die die drittgrößte Fraktion im Parlament bildet, hat keine Kandidaten für Istanbul, Ankara und Izmir benannt. Ihre Entscheidung, ausgerechnet in diesen Städten keine Kandidaten zu benennen, wird als ein Schritt zur Unterstützung des Oppositionsbündnisses angesehen.

Die kurdischen Stimmen werden also entscheidend für den Ausgang der Wahlen sein.

Was sagen die Umfragen?

Die Mehrheit der kürzlich durchgeführten Umfragen zeigt, dass die regierende AKP die Hauptstadt Ankara verlieren wird. Damit endet eine Ära: Ein Vierteljahrhundert hatte die AKP dort das Sagen. In Istanbul, der Heimatstadt von Erdogan, behielt der AKP-Kandidat bisher einen Vorsprung. Umfragen zeigen, dass andere große Städte wie Bursa, Adana und Antalya jedoch ebenfalls unter die Kontrolle der Opposition geraten könnten.

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