Für Cecilia Malmström steht die Europäische Union vor großen Aufgaben

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Von Euronews
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Für Cecilia Malmström steht die EU vor großen Aufgaben. Sie fordert eine hohe Beteiligung an der Europawahl, um dem Populismus entgegenzutreten.

Elena Cavallone, euronews: "Für die Europäische Union hat sie harte Verhandlungen geführt - mit alten Handelspartnern wie den USA, aber auch mit neuen wie China. Mein heutiger Gast ist die EU-Handels-Kommissarin Cecilia Malmström. Sie macht zurzeit eine Pause vom Brexit, heute treffe sie sie hier in Florenz, rund drei Wochen vor den so wichtigen Wahlen in Europa. Kommissarin Malmström, vielen Dank, dass Sie für uns Zeit haben. Der Posten der Handelskommissarin gehört mit Sicherheit zu einer der schwierigsten Aufgaben, vor allem, da sie nun auch von Donald Trump attackiert werden. Sind die USA eigentlich noch ein zuverlässiger Handelspartner für die EU?"

Cecilia Malmström, Europäische Handelskommissarin: "Wir handeln jede Sekunde mit den USA, also sind wir natürlich Handelspartner. Meiner Meinung nach sollten wir den Handel erleichtern, weil wir ja mit der ganzen Welt Handelsabkommen haben. Zwar haben sich die Bedingungen seit TTIP etwas geändert. Aber wir wollen versuchen, so viel wie möglich zu tun, um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen und darauf aufzubauen. Und dann sehen wir, ob wir den Handel für beide Parteien erleichtern können. Ich denke, das ist noch machbar."

Elena Cavallone: "Die Beziehung zwischen den USA und der EU scheinen sich ja zu normalisieren. Aber durch den Streit „Airbus gegen Boeing“ scheint es nun neue Spannungen zu geben. Denn die EU will Zölle auf US-Importe in Höhe von 12 Milliarden Dollar erheben. Kann ein 14-jähriger Streit um staatliche Beihilfen den Waffenstillstand gefährden, den die beiden Partner im vergangenen Juli erreicht haben?"

Wunsch: Keine gegenseitigen Zölle mit den USA

Cecilia Malmström: "Also, wir hoffen, dass wir uns nicht weiter gegenseitig Zölle auferlegen müssen. Denn wie Sie sagen, streiten wir uns schon seit 14 Jahren. Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl die EU als auch die USA ein paar Dinge falsch gemacht haben. Wir haben also das gesetzliche Recht, uns gegenseitig Zölle aufzuerlegen, aber am besten wäre es, wenn wir das gar nicht erst tun würden, sondern uns stattdessen zusammenzusetzen und zu sagen: "Wie können wir das in Zukunft regeln? Wie können wir gewisse Normen und Standards für Subventionen für den Luftverkehr setzen, auch gegenüber dem Rest der Welt? Das ist es, was wir den USA anbieten, weil wir glauben, dass es weder für sie, noch für uns einen Nutzen hätte, wenn wir uns gegenseitig Zölle auferlegen würden. Ich hoffe also, dass wir uns zusammensetzen und Lösungen für Verhandlungen finden können."

Elena Cavallone: "Werfen wir einen Blick auf den Osten, genauer gesagt auf China: Die EU strebt eine engere Zusammenarbeit mit China an. Ist Peking für die EU ein enger Partner oder ein Konkurrent?“

Cecilia Malmström: "Eigentlich beides. China kann in vielen Bereichen ein Partner sein: Wir kooperieren hinsichtlich Forschungsarbeiten, zum Beispiel bei Umweltfragen. Wir versuchen auch, den Handel zwischen uns zu erleichtern. Wir verhandeln über ein Investitionsabkommen, aber wir wollen auch China überzeugen, internationale Regeln und multilaterale Standards einzuhalten. Denn die Art und Weise, wie sie beispielsweise ihre eigenen Unternehmen subventionieren, führt zu einem Dumping der internationalen Märkte, und das schadet dann Produzenten und Verbraucher auf der ganzen Welt. Deshalb hoffe ich, dass China mehr Verantwortung übernimmt, wenn es um die Stärkung und Einhaltung multilateraler Regeln geht, weil das auch für China sehr gut wäre."

Elena Cavallone: "Werfen wir einen Blick nach Japan – ein Land, mit dem die EU ein Freihandelsabkommen abgeschlossen hat. Es ist das größte Handelsabkommen der Welt: Welche Botschaft vermittelt das dem Rest der Welt?"

Cecilia Malmström: "Nun, es sendet eine Botschaft an Europa und Japan, vor allem, weil wir stärker zusammenarbeiten wollen. Durch dieses Handelsabkommen können wir Zölle abschaffen, unsere Märkte öffnen und in vielen Bereichen zusammenarbeiten. Das ist auch die Botschaft an den Rest der Welt: gegen den Protektionismus aufzutreten, zusammenzuarbeiten, den Handel zu erleichtern, die Bedingungen für kleine und mittlere Unternehmen zu verbessern. Darum geht es uns, wir wollen gemeinsam daran arbeiten, dass die WHO und andere internationale Organisationen gestärkt werden. Ich denke, dass dies in Zeiten des Protektionismus eine wichtige Botschaft ist."

Elena Cavallone: "Genau genommen haben Sie viele Freihandelsabkommen ausgehandelt, was wiederum Globalisierungskritiker auf den Plan gerufen hat. Populistische Bewegungen sind dadurch stärker geworden. Wie verteidigt man eine Freihandelspolitik gegenüber denen, die sich durch die Globalisierung zurückgelassen fühlen?"

Cecilia Malmström: "Wir haben uns während meiner Amtszeit sehr intensiv mit denen beschäftigt, die nur wenig Vertrauen in die Handelspolitik haben und deshalb frustriert sind, mit der Globalisierung nicht viel anfangen können. Der Handel ist aber eine gute Sache, er bringt viele Arbeitsplätze. Aber wir versuchen mit diesen Menschen zu sprechen, ihnen zuzuhören, alles was wir tun, soll absolut transparent sein. Ich glaube, in den letzten Jahren sind die Proteste gegen diesen Handel immer mehr zurückgegangen, weil wir auch versuchen, dass besonders kleinere Unternehmen davon profitieren können."

Elena Cavallone: "Eine weitere große Herausforderung ist der Klimawandel. In Ihrem Heimatland Schweden fordert die junge Aktivistin Greta Thunberg die Politiker auf, Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen. Wie kann die EU garantieren, dass der internationale Handel mit den Herausforderungen des Klimawandels vereinbar ist und gleichzeitig auf die Sorgen der Menschen um die Zukunft Europas eingegangen wird?"

EU ist schon grün - aber es geht noch grüner

Cecilia Malmström: "Wir sollten unbedingt auf Greta und all die Millionen jungen Menschen hören, die demonstrieren und uns auffordern, mehr zu machen. Wir haben in der EU viel getan, wir sind, gerade in Umweltfragen, sehr ehrgeizig, würde ich sagen. Aber wir können noch viel mehr tun. Das wäre eine der größten Herausforderungen für die zukünftige Kommission, das Parlament und den Rat. Wenn wir mit unseren Handelspartnern zusammenarbeiten, ist es uns sehr wichtig, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, damit der Handel grüner wird. Wir wollen zum Beispiel auf umweltfreundlichere Transporte setzen. Der Handel kann nicht alles tun, aber er kann seinen Teil dazu beitragen, und wir sind in den letzten Jahren in unseren Handelsabkommen viel grüner geworden. Das wird so bleiben."

Elena Cavallone: "Werfen wir einen Blick auf die bevorstehenden Europawahlen. Die Umfragen deuten darauf hin, dass die rechtsextremen Parteien Auftrieb bekommen. Glauben Sie, dass diese eine Bedrohung für das europäische Projekt darstellen?"

Cecilia Malmström: "Es stimmt, dass zukünftig von der extremen Rechten vermutlich mehrere Abgeordnete im Europäischen Parlament sitzen. Sie werden keine Mehrheit sein, und sie werden wahrscheinlich nicht in der Lage sein, einen Block zu bilden - weil sie sich auch nicht wirklich mögen -, aber es könnte bald schwieriger werden, Gesetze zu erlassen. Darauf müssen wir aufpassen. Und deshalb ist es umso wichtiger für alle Europäer - auch für diejenigen, für die die Europäische Union nicht perfekt, und natürlich ist sie das nicht -, es ist also wichtig, dass alle, die glauben, dass wir unsere gemeinsamen Herausforderungen nur im EU-Parlament lösen können, sich an der Europawahl zu beteiligen."

Elena Cavallone: "Es wird ja immer gesagt, dass die EU möglichst volksnah sein soll, deshalb möchte ich Sie gerne fragen, ob es mittlerweile an der Zeit ist, dass eine Frau den Vorsitz in einer der europäischen Institutionen übernimmt?"

Cecilia Malmström: "Absolut, ja, es ist schon seit langem höchste Zeit. Wir haben ja mit Federica Mogherini eine hohe Vertreterin der EU. Und das ist gut, sie leistet großartige Arbeit - aber ja, ich denke, dass eine Frau den Europäischen Rat oder die Kommission leiten sollte. Es ist höchste Zeit dafür, absolut."

Elena Cavallone: "Was ist mit Ihnen, Sie waren zweimal in Folge Kommissarin, zuerst für die Innenpolitik zuständig und jetzt für Handel. Möchten Sie zukünftig eine dritte, weitere Aufgabe übernehmen?"

Cecilia Malmström: "Nein, ich werde die Politik verlassen und etwas ganz anderes tun."

Elena Cavallone: "Vielen Dank, dass Sie bei uns waren."

Cecilia Malmström: "Vielen Dank."

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