Die wichtigsten Informationen zur Wahl in Griechenland

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Von Pantelis Petrakisaf
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Die wichtigsten Informationen zur Wahl in Griechenland

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Am 7. Juli wählen die Griechen eine neue Regierung - zum sechsten Mal in nur einem Jahrzehnt. Und zum ersten Mal, seit das Land sein Rettungspaket im August 2018 erfolgreich beendet hat.

Ministerpräsident Alexis Tsipras rief die Wahlen etwa 40 Tage nach der Europawahl Ende Mai aus, bei der seine regierende linke Syriza-Partei eine schwere Schlappe hinnehmen musste. Die liberal-konservative Partei Nea Dimokratia (ND) lag zehn Prozentpunkte vor der Regierungspartei.

Auch bei den Kommunal- und Regionalwahlen am selben Tag, dem 26. Mai, schlugen die Konservativen Tsipras Partei mit großem Vorsprung.

Am Sonntag geht Kyriakos Mitsotakis für Nea Dimokratia ins Rennen. Umfragen zufolge liegt er vorne. Die Siegesfolge der Konservativen in Griechenland scheint sich fortzusetzen.

Wie kam es dazu?

Syriza wurde im Januar 2015 gewählt und bildete zusammen mit der rechtspopulistischen Partei Anexartiti Ellines (ANEL) eine Koalition. Nach sechs Monaten intensiver Verhandlungen mit den griechischen Kreditgebern und einem Referendum im Juli unterzeichnete die Regierung ein drittes Rettungspaket.

Als seine Wähler allerdings die Folgen des von Tsipras akzeptierten dritten Rettungsschirms zu spüren bekamen, nahm die Beliebtheit des Politikers spürbar ab.

Im September ging es für die Griechen zurück an die Wahlurnen: Sie entschieden darüber, ob Syriza oder Nea Dimokratia besser geeignet sei, die beschlossenen Sparmaßnahmen umzusetzen.

Syriza gewann und bildete erneut eine Regierung mit unabhängigen Griechen. Die Koalition hielt bis Januar 2019. ANEL verließ die Regierung aus Protest gegen das Prespa-Abkommen, das im Februar 2019 den Namensstreit mit dem jetzigen Nordmazedonien beilegte.

Athen wollte das Balkanland nicht unter seinem Namen Mazedonien anerkennen, weil eine nordgriechische Region ebenso heißt. Das Abkommen zwischen den beiden Ländern wurde in Griechenland heftig kritisiert.

Auch die ND unter Kyriakos Mitsotakis lehnte dieses Abkommen entschieden ab. Einige der prominentesten Abgeordneten der Partei beteiligten sich sogar an den Demonstrationen gegen das Abkommen. Mitsotakis sagte zudem, dass er gegen ein Angebot an Nordmazedonien zum Beitritt zur Europäischen Union ein Veto einlegen würde, wenn er an der Macht wäre.

Nordmazedonien war ein Beitritt zur EU in Aussicht gestellt worden, sollte es den Namensstreit mit Griechenland beilegen und weitere Reformschritte tun. Einige EU-Mitgliedsstaaten äußerten Bedenken. Doch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker setzte sich für das Land ein.

Warum hat Syriza die Europawahlen verloren?

Experten glauben, dass die Niederlage von Syriza bei den EU-Wahlen darauf zurückzuführen ist, dass die Partei den Kontakt zur Mittelschicht verliert. So seien die Primärüberschüsse, die das Land nach den Regeln seines Rettungspakets erzielt hat, eher auf hohe Steuern als auf Wirtschaftswachstum zurückzuführen.

Diese Wahl wurde weithin als Wettlauf um die Stimmen des Mittelstandes angesehen - Anwälte, Ärzte, Mechaniker, Fachkräfte und Beamte, von denen viele sagen, dass sie die Last der Wirtschaftskrise ohne Hilfe von Syriza getragen haben.

Heute haben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge neun von zehn Mittelstandshaushalten in Griechenland ernsthafte Schwierigkeiten, ihre Grundbedürfnisse zu decken. Sieben von zehn befragten Personen geben an, dass sie keine unerwarteten Kosten tragen können.

Die Arbeiterklasse, die Syriza bei den Wahlen 2012 und 2015 unterstütze, schien der Regierungspartei ebenfalls weitgehend den Rücken gekehrt zu haben. Sie hatte es versäumt, die Auswirkungen der Arbeitsmarktliberalisierung abzumildern. Der stetige Rückgang der Arbeitslosenquote auf 17 (!) Prozent und die Erhöhung des monatlichen Mindestlohns auf 650 € scheinen nicht ausgereicht zu haben.

Was versprechen die beiden Parteien im Wahlkampf?

Nachdem die ND fast drei Jahre lang einen harten Oppositionskurs betrieben hat, konzentriert sich die Partei jetzt auf Wirtschaftswachstum und Sicherheit. Mitsotakis verspricht neue Investitionen, niedrigere Steuern, mehr und besser bezahlte Arbeitsplätze und mehr Polizei auf den Straßen der Großstädte.

Tsipras und Syriza sagen, dass sie nun endlich in der Lage seien, ihr Programm umzusetzen - ohne die Last der Koalition mit unabhängigen Griechen und der der Finanzkrise. Sie werfen Mitsotakis vor, eine Sieben-Tage-Arbeitswoche einführen und den Arbeitsmarkt weiter deregulieren zu wollen. Zudem wolle Mitsotakis die Zahl der Beamten verringern, indem das Verhältnis von Ein- und Ausgang auf ein Fünftel gesenkt wird.

Die Regierungspartei Syriza, die zunächst hauptsächlich versuchte, sich an die Arbeiterklasse zu wenden, hat ihre Rhetorik erweitert und nun auch die Mittelschicht im Blick.

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Was zeigen die Umfragen?

Nach den jüngsten Umfragen hat die Nea Dimokratia einen Vorsprung von neun bis 12 Prozentpunkten. Es ist aber noch fraglich, ob die Partei in der Lage sein wird, ohne Koalitionspartner eine Regierung zu bilden. Nach gängiger Auffassung könnten Kyriakos Mitsotakis und die ND mehr als die notwendigen 151 Parlamentssitze gewinnen. Die genaue Anzahl hängt jedoch von den Parteien ab, die ins Parlament einziehen werden. Dafür müssen sie mindestens 3 Prozent der Stimmen erhalten.

Die meisten Umfragen gehen davon aus, dass zwischen fünf und sieben Parteien in das griechische Parlament einziehen werden. ND und Syriza stehen an erster bzw. zweiter Stelle. Gefolgt werden sie demnach von Kinima Allagis ("Bewegung für den Wandel"), der kommunistischen Partei und der ultranationalistischen Chrysi Avgi ("Goldene Morgenröte").

Die rechte Partei "Griechische Lösung" sowie die paneuropäische Bewegung DiEM25 unter der Leitung des ehemaligen Finanzministers Yanis Varoufakis stehen ebenfalls zur Wahl. Sie könnten jedoch an der Drei-Prozent-Hürde scheitern.

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