Mosambiks Präsident: "Frieden ist die wichtigste Voraussetzung für Investitionen"

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Von Nara Madeira
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Am Rande des EurAfrican Forums in Portugal spricht Filipe Nyusi im euronews-Interview über den Wiederaufbau nach den Naturkatastrophen, den Friedensprozess und die wirtschaftliche Situation des südostafrikanischen Landes.

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Nach den Verwüstungen durch die Zyklone Idai und Kenneth im Frühjahr ist Mosambik in einem wirtschaftlichen Wiederaufbauprozess. Das südostafrikanische Land kämpft zudem gegen islamischen Extremismus in Cabo Delgado in der nördlichsten Provinz des Lands. Und die Entdeckung von Öl- und Gasvorkommen lockte neue Investoren an. Über diese und andere Themen sprach euronews am Rande des EurAfrican Forum in Portugal mit Mosambiks Präsident Filipe Nyusi.

Euronews-Reporterin Nara Madeira:"Das Jahr 2019 stellt Mosambik vor große Herausforderungen. Der Zyklon Idai hinterließ eine Spur unvorstellbarer Zerstörung. Herr Präsident, willkommen bei euronews. Wie geht Mosambik mit dieser Situation um?"

Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Die Zyklone, die am 14. und 15. März und später am 25. April in Mosambik wüteten, waren Zyklone, die den Wachstumsprozess des Landes verzögert haben. Wir hatten bereits versucht, die Wirtschaft wiederzubeleben, nach der Finanzkrise, die die Welt und auch Mosambik heimgesucht hatte, sind die Preise für unsere Produkte gefallen. Es schien, dass sich unsere Wirtschafts-Wachstumsrate von den erwarteten 3,7 auf 4,7 Prozent zubewegte. Aber nach der Zerstörung, vor allem in der Stadt Beira, mit dem Verschwinden von Anbauflächen und Wohnungen ist Mosambik zurückgefallen. Wir mussten unserer Wachstumsrate auf 2 Prozent korrigieren."

Euronews:"Der Aufwand für den Wiederaufbau ist gigantisch. Wie weit ist dieser Prozess gediehen? Nicht nur in puncto Infrastruktur, sondern auch im Alltag der Mosambikaner?"

Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Der Wiederaufbauprozess begann zunächst mit der Bestandsaufnahme - was zerstört wurde, was wiederhergestellt werden muss und auf welche Weise. Dieser Prozess ist im Gange. Es gab eine Geberkonferenz mit vielen Teilnehmern aus der ganzen Welt, um die Maßnahmen zu besprechen. Die Solidarität war erstaunlich. Wir erhielten ein Drittel der veranschlagten Wiederaufbaukosten. Wir hatten den Bedarf - einschließlich internationaler Hilfe - auf 3,2 Milliarden US-Dollar geschätzt. Wir haben 1,2 Milliarden US-Dollar. Das bedeutet, das der Wiederaufbauprozess schrittweise in Gang kommt. Die Auszahlung der zugesagten Beträge hat bereits begonnen, und wir verstärken auch nationale Initiativen, um den Unternehmenssektor wiederzubeleben."

Man ist nie hundertprozentig auf eine Naturkatastrophe gerüstet

Euronews:"Ist das Land jetzt in Bezug auf Organisation und Verwaltung besser gerüstet, um auf Naturkatastrophen zu reagieren?"

Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Mosambiks geografische Lage ist anfällig für Naturkatastrophen. Auch heute sind wir noch nicht in der Lage, die Schäden vollständig zu bewerten. Zyklon Idai war sehr zerstörerisch. Auch der Zyklon Kenneth war sehr heftig, er war nicht ganz so stark, aber auch sehr zerstörerisch. In puncto Vorbereitung und Organisation: Unser nationales Institut für Katastrophenmanagement besteht seit 20 Jahren, man hat über die Jahre hinweg viel Erfahrung gesammelt. Aber ich würde nicht sagen, dass wir zu 100 Prozent vorbereitet sind. Unsere vorhandene Ausrüstung wurde durch die Katastrophen beeinträchtigt. Da Zyklone vorhergesagt wurden, hatten wir beispielsweise einige Tage vorher in Beira Boote und Flugzeuge stationiert, obwohl wir nur wenige haben. Und einige von ihnen wurden beschädigt."

Euronews: _"Wie werden die internationalen Fonds verwaltet? Man hört, es sollen Gelder veruntreut worden sein?"
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Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Man muss die Traditionen berücksichtigen, wenn man von den Verlusten und Veruntreuungen spricht. Wenn ein Lastwagen, ein Hubschrauber Wasser, Kekse und andere Dinge bringt, wollen die Menschen, die eine Woche ohne Essen, ohne Wasser waren, die Ersten sein, die etwas bekommen. Das Wegtragen der Waren, das Weglaufen damit, kann man nicht als Diebstahl bewerten. Die Leute brauchten diese Nahrungsmittel. Es stimmt, es gab Personen, die für den Verteilungsprozess verantwortlich waren, die Waren veruntreuten. Sie bewahrten sie in ihren Häusern auf, weil es keine Lager gab. Daraufhin wurden sie des Diebstahls beschuldigt. Andere haben die Hilfsmittel nicht wirklich an bedürftige Personen verteilt. Diese Fälle wurden untersucht. Aber um direkt auf ihre berechtigte Frage zu antworten: Wir haben die Inspektionen verstärkt und auch die Zivilgesellschaft in den Bewertungsprozess einbezogen und es gibt unabhängige Untersuchungen."

Die EU - einer der größten Partner Mosambiks

Euronews:"Ziel dieses Forums 'EurAfrican' ist es, die beiden Kontinente Europa und Afrika zusammenzubringen. Was unternimmt die Europäische Union, um die Wirtschaft Mosambiks anzukurbeln?"

Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Die Europäische Union hat viel getan. Wir arbeiten beispielsweise im Friedensprozess (mit der wichtigsten Oppositionspartei Renamo - die Resistência Nacional Moçambicana, portugiesisch für Nationaler Widerstand Mosambiks) sehr intensiv mit der Europäischen Union zusammen. Es gibt viele Gespräche, wenn ich in Europa bin und ich erwarte - wahrscheinlich in diesem Jahr oder Anfang des nächsten - den Besuch einer EU-Delegation. Wir haben gemeinsam am Friedensabkommen gearbeitet. Das ist die wichtigste Voraussetzung für Investitionen. Die Menschen müssen sicher sein, dass man dauerhaft in Mosambik investieren kann. Daran haben wir gearbeitet. Dazu gibt es auch viele andere Investitionsprojekte der Europäischen Union in Bereichen wie Wasser- und Straßenwirtschaft, Krankenhäuser und Gesundheitsvorsorge. Die Europäische Union ist einer der größten Partner Mosambiks."

Euronews:"Die Entdeckung von Erdgas ist sehr wichtig für die Wirtschaft Mosambiks. Gegenüber der Presse haben Sie gesagt, dass die Instabilität der Provinz Cabo Delgado nicht gut für das Geschäft ist. Gefährdet die Situation die Erdgas-Ausbeutung?"

Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Weder die Regierung noch die Mosambikaner wollen, dass das passiert. Wir wollen nicht, dass unsere Partner in Panik geraten. Gut ist, dass wir sehr konstruktiv mit den multinationalen Unternehmen zusammenarbeiten, die für die Erdgasförderung verantwortlich sind. Aber wir werden Maßnahmen ergreifen -, wenn nötig sogar außergewöhnliche Maßnahmen - , um zu prüfen, ob dieser Prozess nicht das Wachstum Mosambiks in der Region überschattet."

Große Erwartungen an den Papst-Besuch

Euronews:"Papst Franziskus reist am 4. September nach Mosambik. Was erwarten Sie von seinem Besuch?"

Filipe Nyusi, Präsident Mosambiks:"Es ist ein wichtiger Besuch, vor allem in diesem Moment der Versöhnung. Wir sind auf dem Weg zum Frieden. Es ist ein wichtiger Besuch in einem Land, in dem die soziale Gerechtigkeit vollständig und wirksam wiederhergestellt werden muss. Dieser Besuch hat eine doppelte Botschaft: Frieden und Versöhnung unter den Mosambikanern zu fördern, und zwar nicht nur im Hinblick auf den Krieg, sondern auch zwischen politischen Parteien. Und auch zwischen Religionen - auch wenn es in dieser Hinsicht keinen Konflikt gibt und in Mosambik auch noch nie gab. Es ist allgemein bekannt, dass Papst Franziskus offen für den Dialog mit anderen Religionen ist, er respektiert andere Religionen. Wir werden dieses Wissen, dieses Gefühl, diese Lehren erkunden. Es ist auch ein Moment der Hoffnung. Drei wichtige Worte: Frieden, Versöhnung, Hoffnung.Der Papst wird junge Menschen aus dem ganzen Land treffen, - egal welchen Dialekt sie sprechen -, Regierungs- und Verwaltungsmitglieder, Diplomaten. Er wird für Mosambik beten. Wir haben große Erwartungen."

Journalist • Nara Madeira

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