Pontevedra in Nordspanien: seit 1999 autofrei

Pontevedra in Nordspanien: seit 1999 autofrei
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Von Jaime Velázquez, Sabine Sans
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Die Kleinstadt ist Vorreiter in umweltfreundlicher Stadtentwicklung.

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Die nordspanische Kleinstadt Pontevedra hat 1999 Autos weitgehend aus der Innenstadt verbannt. Seitdem haben Fußgänger Vorrang vor allen anderen Verkehrsteilnehmern. Die Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge beträgt 30 Kilometer pro Stunde. Das Resultat: kein einziger Verkehrstoter in den vergangenen zehn Jahren, fast 70 Prozent weniger CO2-Emissionen und ein Bevölkerungszuwachs von rund 15 Prozent.

"Man spaziert entspannt mit den Kindern durch die Straßen, ohne Angst haben zu müssen, dass sie von einem Auto überfahren werden", sagt Anwohnerin Noela Quintana. "Sie können ohne Gefahr mit dem Fahrrad, mit ihren Rollern fahren."

Auch die Geschäftsleute sind nach anfänglicher Skepsis begeistert: "Die Leute parken ihre Autos außerhalb der Innenstadt und kaufen in aller Ruhe ein", meint Ladenbesitzerin Mercedes Escauriaza.

Vorreiter als autofreie Stadt

Die Entwicklung zur fußgängerfreundlichen Stadt trieb Bürgermeister Miguel Àngel Lores voran, der inzwischen zum fünften Mal wiedergewählt wurde. Nach 12 Jahren in der Opposition für die galicische Linkspartei BNG ("Bloque Nacionalista Galego") wurde der Arzt 1999 Bürgermeister in Pontevedra - eine kleine Sensation im traditionell konservativen Galicien:

"Früher hatten wir täglich rund 150.000 Fahrzeuge in der Innenstadt", erzählt Lores. _"Allein 30 Prozent davon war Durchgangsverkehr. Weitere 30 bis 40 Prozent der Autos versuchten, einen Parkplatz finden. Dieser Verkehr erzeugte nur Luftverschmutzung und verursachte Unfälle. Er störte und besetzte den öffentlichen Raum. Heute erlauben wir nur Verkehr, der unbedingt notwendig ist, das ist sehr wenig."
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"Wir wollten, dass die Stadt wieder zum Leben erwacht. Denn wo Autos sind, gibt es kein Leben."
Miguel Àngel Lores
Bürgermeister

Die Stadt verwandelte rund 700.000 Quadratmeter, die vorher dem Straßenverkehr und Parkplätzen vorbehalten waren, in Fußgängerzonen, Grünflächen und Spielplätze. Und das Modell wird noch erweitert:

Die Hauptidee war, den öffentlichen Raum für die Bewohner zurückzuerobern, Kindern, älteren Menschen und Behinderten Vorrang einzuräumen", so der Bürgermeister. "Wir wollten, dass die Stadt wieder zum Leben erwacht. Denn wo Autos sind, gibt es kein Leben."

Euronews-Reporter Jaime Velázquez vor Ort: "Bereits vor 20 Jahren initiierte Pontevedra ein fußgängerorientiertes Modell - heute ein wichtiger Trend weltweit. Aber während Madrid versucht, seine Umweltzonen in der Innenstadt wieder aufzuheben, und die EU ein Sanktionsverfahren gegen Spanien wegen der hohen Luftverschmutzung in Madrid und Barcelona eingeleitet hat, liefert Pontevedra nützliche Ideen, wie man den Verkehr reduzieren und die Verschmutzung bekämpfen kann."

Modell zum Nachahmen

In Pontevedra gibt es breitere Gehwege und schmale Gassen, um den Verkehr zu beruhigen. Die Zebrastreifen sind größer, um Autofahrern zu signalisieren, dass Fußgänger Vorrang haben. Aber Autos sind nicht grundsätzlich verboten:

"Private Fahrzeuge sind erlaubt, wenn sie Waren transportieren oder eine Bettdecke in die Reinigung, einen Fernseher aus der Reparatur holen müssen oder eine ältere Person irgendwo hinbringen", erklärt Lores.

Der Bürgermeister ist davon überzeugt, dass früher oder später alle Städte Maßnahmen ergreifen müssen, um Verkehrsstaus und Umweltverschmutzung zu reduzieren. Pontevedra beweise, dass eine weitgehend autofreie Umgebung möglich sei. Jeder Ort müsse sein eigenes Modell finden.

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