Die Fleischsteuer - eine gute Idee oder nicht?

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Copyright REUTERS/Fabrizio Bensch
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Von Anne Fleischmann
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Die Fleischsteuer - eine gute Idee oder nicht?

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In Deutschland wird darüber diskutiert, die Steuer auf Fleisch zukünftig zu erhöhen. Das Ziel: Die Haltebedingungen von Nutztieren sollen dadurch verbessert werden. 

Doch was bedeutet das für die Verbraucher? Woher kommt die Idee für eine Fleischsteuer? Und, was sagen die Deutschen zu dem Vorschlag? Euronews hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick. 

Woher kommt die sogenannte Fleischsteuer?

Die Idee stammt ursprünglich vom Deutschen Tierschutzbund - und kam als Antwort auf den Vorschlag einer CO2-Steuer. Die Fleischabgabe - und nicht Steuer - soll der Organisation zufolge zu einer besseren Tierhaltung beitragen. Präsident Thomas Schröder teilte Euronews mit: "Uns geht es darum, dass das Geld zweckgebunden für mehr Tierschutz zum Einsatz kommt, was bei einer Steuer wohl nicht der Fall wäre."

Der Grund, wieso es eine Abgabe braucht, lieft für den Deutschen Tierschutzbund auf der Hand. "Fleisch und andere tierische Produkte sind zu billig und werden teils zu Schleuderpreisen verkauft. Eine tiergerechte Haltung ist so nicht möglich; der Preisdruck zwingt Landwirte, immer mehr Tiere auf immer engerem Raum zu halten. Tiere werden ihren Haltungsbedingungen angepasst: Schweinen werden die Schwänze abgeschnitten, sie werden ohne Betäubung kastriert, Rindern werden die Hörner abgeschliffen - nur damit die Tiere auf engem Raum gehalten werden können", erklärte Schröder. 

Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte er, dass mit den Einnahmen beispielsweise der Umbau der Ställe finanziert werden könnte. Pro Kilo Fleisch, Liter Milch oder Eierkarton seien das nur wenige Cent. 

Agrarpolitiker von SPD und Grünen haben diese Idee dann aufgegriffen und sich dafür ausgesprochen, die Mehrwertsteuer auf Fleisch von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen.

Einer von ihnen ist Friedrich Ostendorff. Er ist agrarpolitischer Sprecher der Grünenfraktion. Der Welt sagte er: "Ich bin dafür, die Mehrwertsteuerreduktion für Fleisch aufzuheben und zweckgebunden für mehr Tierwohl einzusetzen." 

Auch der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion zeigt sich dem Vorschlag gegenüber offen: „Eine solche Steuer kann ein konstruktiver Vorschlag sein. Dafür müssten diese Mehreinnahmen aber zwingend als Tierwohlprämie genutzt werden, um die Tierhalter in Deutschland beim Umbau zu unterstützen“, sagte Albert Stegemann der Welt. 

Die deutsche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hält die Diskussion für notwendig, bleibt jedoch wage, wie die Umsetzung aussehen könnte: "Es muss keine Steuererhöhung sein, sondern eine Prioritätensetzung. Denn Bauernfamilien können den Anstieg nicht allein das Mehr an Tierwohl finanzieren, das heißt kostenintensive Stallumbauten. Wir als Verbraucher sind gefragt."

Für die meisten Grundnahrungsmittel gilt in Deutschland heute die ermäßigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Für welche Produkte das genau gilt, regelt Paragraph 12 des Umsatzsteuergesetzes. Eingeführt wurde die Mehrwertsteuer erst 1968. 

Für oder gegen die Fleischsteuer - was sagen die Deutschen?

Kurz nach Bekanntgabe des Vorhabens, wurde jedoch auch Kritik laut. Viele befürchten, dass das Geld - das eigentlich für Tierwohl gedacht ist - für andere Dinge genutzt wird. 

Das sieht auch der Deutsche Tierschutzbund - von dem die Idee ursprünglich stammt - so und fordert deshalb eine Abgabe, keine Steuer. "Anders als eine Steuer, die nicht zweckgebunden ist und einfach in den Bundeshaushalt fließt, könnte eine Abgabe ganz direkt für ein Mehr an Tierschutz in der landwirtschaftlichen Tierhaltung eingesetzt werden, etwa für mehr Platz für die Tiere", teilte Schröder Euronews mit. Eine verlässliche Zweckbindung der Gelder wäre bei einer Mehrwertsteuererhöhung nicht gegeben. 

Kritik kam auch von Politikern der Parteien CDU, CSU Linke, FDP und AfD. Sie lehnen eine Fleischsteuer ab. 

In den sozialen Netzwerken äußern zudem viele Verbraucher ihre Skepsis. Ein Twitter-Nutzer schreibt beispielsweise, dass er bezweifelt, dass die Fleischsteuer wirklich für Tierwohl verwendet wird. Ein anderer antwortet: "Wäre es geplant, die Fleischsteuer für Tierwohl einzusetzen, spräche man von einer Fleischgebühr." 

Eine Zweckbindung von Steuern sei grundsätzlich nicht möglich, so eine Sprecherin des Finanzministeriums. Die Einnahmen durch alle Steuern dienten vielmehr der Deckung aller Ausgaben. 

Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, sagte, eine Fleischsteuer sei zu kurz gedacht. "Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung", sagte er.  

Zudem sieht auch Krüsken den Gedanken, dass eine höhere Steuer für Umbauten von Ställen verwenden werden könnte, kritisch. "Zudem würde eine Fleischsteuer deshalb ins Leere laufen, weil es für Um- und Neubauten von Ställen derzeit eine faktische Blockade im Bau- und Genehmigungsrecht gibt. Wir brauchen eine verbindliche Strategie für die Nutztierhaltung, die zu Ende gedacht ist", erklärte er. 

Bundestagsabgeordneter Christoph Ploß (CDU) spricht sich auf Twitter ganz klar gegen den Vorschlag aus. Er schreibt: "Für mich ist klar: Wir brauchen keine Fleischsteuer und auch keine Steuererhöhung an anderer Stelle!"

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Vorwurf: Fleischsteuer verführt Verbraucher zu Billigfleisch

Ein anderes Problem sei einigen Kritikern zufolge, dass die Steuererhöhung den Konsum von Billigfleisch fördere. Der Aufschlag würde sich vor allem beim eh schon teureren Biofleisch sichtbar machen. Das könnte der Argumentation zufolge dazu führen, dass Verbraucher zukünftig zu billigeren Alternativen greifen - bei denen auf das Tierwohl in der Produktion kein Wert gelegt wurde. 

Dabei kommt Kritik auch aus den eigenen Reihen der Parteien, die sich für eine Fleischsteuer ausgesprochen hatten: Grünen-Chef Robert Habeck beispielsweise widersprach den Forderungen nach einer Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf Fleisch. Ihm zufolge würde die Erhöhung vor allem qualitativ hochwertiges Fleisch treffen - und für die Verbraucher durch einen zu hohen Preis unattraktiv machen. 

Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, sieht das ebenfalls als Problem. Eine pauschale Steuererhöhung für Fleisch hält er nicht für sinnvoll. "Denn dann steigt der Preis für teure Produkte stärker als für billige, am stärksten der Preis für Bio-Produkte. Denn diese kosten mehr, weil Bio-Bauern Huhn, Rind oder Schwein mehr Platz und Auslauf geben, weniger Tiere auf der Fläche halten und Bio-Futter füttern", erklärte er. 

Und weiter: "Mit einer pauschalen Fleischsteuer erreicht man also das Gegenteil dessen, was man beabsichtigt: Die Nachfrage wird gezielt auf Produkte gelenkt, die unter den niedrigsten Standards produziert werden. Der Preisabstand zwischen Bio- und den anderen Produkten würde wachsen."

Er fordert dagegen, dass Produkte, die umwelt- und tierfreundlich produziert werden, steuerlich entlastet werden sollen. "Für Bio-Produkte – egal ob verarbeitet oder nicht – muss deshalb der niedrigste Mehrwertsteuersatz vorgesehen werden."

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Das sieht Schröder vom Deutschen Tierschutzbund nicht so. Der wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (WBA) habe die Mehrkosten berechnet. Demnach würden pro Haushalt jährlich etwa 60 Euro mehr anfallen. "Und davon ist diese Abgabe ja nur ein Teil. Umgerechnet reden wir dann vermutlich über Mehrkosten von wenigen Cent je Kilogramm Fleisch an der Ladentheke. Das muss machbar sein, vor allem verbunden mit geringerem Fleischkonsum", sagte Schröder. 

So viel Fleisch konsumieren die Deutschen jährlich

In Deutschland lag der jährliche, durchschnittliche Verbrauch bei etwa 80 Kilogramm Fleisch pro Person. Der UN-Ernährungs- und Agrarorganisation FAO zeigt zwar, dass jedes Jahr am meisten Fleisch pro Kopf in den USA verzehrt wird (bis 2028 werden 100 Kilogramm jährlich erwartet). Der weltweite Verbrauch beträgt durchschnittlich jedoch momentan etwa 40 Kilogramm pro Person. In Deutschland ist der Konsum also doppelt so hoch wie im Durchschnitt. 

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