Parlamentswahl am 6. Oktober: "Portugal ist eine Nussschale mit großer politischer Identität"

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Von Miguel Jorge DiasEuronews
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In Portugal wird am kommenden Sonntag ein neues Parlament gewählt. In Umfragen liegt die Sozialistische Partei klar in Führung.

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Der Wahlkampf für die Parlamentswahlen in Portugal neigt sich dem Ende zu. Laut Umfragen wird die Sozialistische Partei von António Costa eine deutliche Mehrheit erhalten. Es ist wahrscheinlich, dass der derzeitige Regierungschef wiedergewählt wird, aber es bleibt abzuwarten, ob er eine absolute Mehrheit im Parlament erhält oder ob er Unterstützung für eine Regierungsbildung braucht.

"Abhängigkeiten managen, Abhängigkeiten steuern"

Für den Politikwissenschaftler José Adelino Maltez fehlt der portugiesischen Politik das Drama: "Portugal ist eine Nussschale. Es ist ein kleines Land, recht stabil, mit einer großen politischen Identität, in dem das Wesen der Politik darin besteht, Abhängigkeiten zu managen und die gegenseitige Abhängigkeit zu steuern. Es ist ein Vorteil, ein mittelgroßer europäischer Staat zu sein, der auf einer großen Identität basiert, die über Jahrhunderte erworben wurde und zu einem Konsens führte. Es besteht keine Notwendigkeit, eine Einheit zu verkünden; sie existiert. Es gibt im Moment keinen Hass. Die Parteien versuchen sehr wohl, sich Feinde zu schaffen, aber nein, es gibt keinen Hass, der für Dramatik sorgt".

Euronews-Korrespondent Miguel Roque Dias kommentierte in Lissabon: "In Europa gewinnt die extreme Rechte an Stärke und deshalb läuten die Alarmglocken. Portugal scheint auf einem anderen Weg zu sein. Die Umfragen sind eindeutig und prophezeien ein schlechtes Ergebnis für Rechtsparteien. Alles deutet darauf hin, dass das portugiesische Parlament weiterhin eine linke Mehrheit haben wird".

Livia Franco ist Spezialistin für geopolitische Fragen sowie Professorin und Forscherin am Institut für Politikwissenschaft der Katholischen Universität Lissabon: "I_ch würde sagen, dass die portugiesische Außergewöhnlichkeit meiner Meinung nach in einem offensichtlichen Optimismus in Bezug auf Europa begründet ist. Ich denke, es ist ein Thema, das jetzt, bei den Wahlen, sehr auffällig ist. Im Gegensatz zu den Wahlen vor vier Jahren erscheint Europa hier nicht in dämonisierter Form. Nun gibt es hier tatsächlich eine Fragmentierung auf der rechten Seite. Der traditionelle Wähler, der rechts oder mittig rechts gestimmt hat und zwei Parteien zur Wahl hatte, die PSD und die CDS, sieht sich jetzt mit einer Vielzahl von Möglichkeiten konfrontiert_".

PAN mischt die Parteienlandschaft auf

Während des Wahlkampfs scheint eine Partei die politischen Debatten zu dominieren: die PAN (Menschen - Tiere - Natur). Deren Vorsitzender André Silva sagte, er stehe für die Unterstützung einer zukünftigen Regierung zur Verfügung. In der portugiesischen Gesellschaft ruft die PAN Leidenschaften, aber auch Bedenken hervor.

Margarita Correia ist Sprachwissenschaftlerin an der Universität Lissabon: "Ich sehe das Entstehen dieser Partei als Folge einer Krise, die das demokratische System durchläuft. Auch auf der rechten Seite erscheinen einige seltsame Parteien und jetzt eben diese Partei. Sie ist schon vor ein paar Jahren gegeründet worden. Ich denke, es gibt keine Parteien ohne Ideologie. Ich denke, dass alle staatlichen Lösungen ideologisch begründet sein müssen, und deshalb bin ich besorgt über eine Partei, die Vereinbarungen mit den Rechten und den Linken treffen kann, solange ihre Grundsätze bestehen bleiben. Ich bin besorgt, weil ich denke, dass Politik nicht daraus besteht."

Wählerstimmen in Lissabon

Trotz der positiven Konjunkturindikatoren schauen die Portugiesen nicht sehr optimistisch in die Zukunft.

Ein Mann sagte in Lissabon: "Ich hoffe, dass das portugiesische Volk aufwacht und erkennt, dass wir sehr abweisend regiert werden."

Eine Frau gab sich pessimistisch: "Ich erwarte keine großen Verbesserungen, aber die Hoffnung ist das Letzte, was stirbt. Und ich hoffe, dass dieses Land sich noch ein wenig erholt".

Die Parlamentswahl in Portugal findet am kommenden Sonntag statt.

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