Bolivien-Krise: "Es ist ein Verbrechen, indigen zu sein"

Demonstrantin in La Paz
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Von Euronews mit dpa, Reuters
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Bolivien kommt nicht zur Ruhe. Der unter Druck zurückgetretene Präsident Morales sagte, das Parlament habe seinen Rücktritt nicht angenommen, er sei also noch im Amt. Unterdessen wurde eine Übergangsregierung eingeschworen.

Wieder Tote bei Straßenschlachten

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Bolivien kommt nicht zur Ruhe. In La Paz lieferten sich Anhänger des zurückgetretenen Präsidenten Evo Morales wieder Straßenschlachten mit der Polizei. Zwei Menschen kamen ums Leben. Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit drei Wochen andauernden Protesten auf zehn. In anderen Landesteilen gab es Proteste und Plünderungen.

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Polizei nimmt Demonstranten in La Paz festReuters

Morales, inzwischen im Exil in Mexiko, sagte, er sei weiterhin Präsident Boliviens. Denn das Parlament habe seinen Rücktritt bisher weder bestätigt noch abgelehnt. Am Mittwoch schwor derweil die selbsterklärte Interimspräsidentin Jeanine Añez eine neue Regierung ein. Sie wolle die öffentliche Ordnung rasch wiederherstellen, sagte die zweite Vizepräsidentin des Senats.

"Diese Interimspräsidentschaft wird die verfassungsmäßige Ordnung respektieren. Wir werden die Gelegenheit schaffen, alte Stigmata und Spaltungen hinter uns zu lassen."

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Übergangspräsidentin Jeanine AñezReuters

Die USA stellten sich hinter der Übergangspräsidentin. US-Außenminister Mike Pompeo begrüßte es auf Twitter, dass Añez diese Rolle in einer Zeit großer Verantwortung angenommen habe. Es sei notwendig, dass eine zivile Führung in Bolivien erhalten bleibe. Morales hingegen sieht die Eigenernennung von Añez als verfassungswidrig, er spricht von Putsch.

Morales spricht von Putsch durch die Polizei

Morales war am Sonntag nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl zurückgetreten. Der Sozialist, der für eine vierte Amtszeit kandidierte, hatte sich nach der Abstimmung am 20. Oktober zum Sieger in der ersten Runde erklärt, obwohl die Opposition und internationale Beobachter ihm Wahlbetrug vorgeworfen hatten.

Die Organisation Amerikanischer Staaten stellte am vergangenen Wochenende in einem vorläufigen Bericht zur Wahl Manipulationen fest und empfahl eine Annullierung. Morales, der erste indigene Präsident des Landes, kündigte zunächst noch eine Neuwahl an, trat dann aber nur Stunden später auf Druck des Militärs und der Polizei zurück.

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Evo Morales bei seiner Pressekonferenz in MexikoReuters

Bei seiner ersten Pressekonferenz in Mexiko vermutete Morales, seine Herkunft könne eine Rolle gespielt haben: "Es ist ein Verbrechen, indigen zu sein. Hier geht es um die Klassenzugehörigkeit. Wenn ein Präsident der sozialen Bewegungen, der Arbeiter, Landwirte, der patriotischen Berufe im Amt ist, rebelliert die Polizei und putscht. In Mexiko kündigte Morales jetzt an, so bald wie möglich wieder nach Bolivien zurückkehren zu wollen. Er sei auch bereit, auf die Macht zu verzichten.

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