Tesla-Fabrik: Hoffnung auf 8000 neue Jobs - Experte dämpft Euphorie

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Von Euronews mit dpa, Reuters
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In Brandenburg und Berlin hofft man, durch die neue Tesla-Fabrik in Grünheide könnten bis zu 8000 Arbeitsplätze entstehen. Ein Experte mahnt zu Vorsicht: Die Arbeit in einer solchen Fabrik sei hochautomatisiert.

Hoffnung auf 8000 Arbeitsplätze in Brandenburg

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Die in Grünheide bei Berlin geplante Fabrik des US-amerikanischen Elektroauto-Herstellers Tesla könnte nach Angaben aus Berlin und Brandenburg bis zu 8000 Arbeitsplätze bringen. Das Projekt löst in Wirtschaft und Politik fast einhellig Begeisterung aus. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete Teslas Entscheidung am Mittwoch als "Meilenstein" für den Ausbau der Elektromobilität.

Und der Verband der Deutschen Automobilindustrie sagte: "Die Ankündigung von Elon Musk zeigt, wie wichtig der Automobilstandort Deutschland für den Hochlauf der Elektromobilität in Europa ist".

Die geplante Fabrik in Grünheide soll auf einer Industriefläche im Gewerbegebiet Freienbrink nahe der Autobahn A 10 entstehen, wo derzeit noch Wald und Wiese ist. Nach Angaben von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sollen geschätzt "in der ersten Ausbaustufe über 3000 Arbeitsplätze" entstehen.

Orientiert an der Planung für die Tesla-Fabrik in Shanghai sagte er, dann "wären wir vermutlich bei 7000 bis 8000 Arbeitsplätzen". Die Investitionen lägen in mehrfacher Milliardenhöhe. Der Start der Bauarbeiten sei für das erste Quartal 2020 geplant. Subventionen sind im Rahmen von EU-Beihilfen geplant.

"Klimaschutz und Wohlstand gegen Hand in Hand"

Brandenburg hat nach Angaben von Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) etwa sechs Monate mit Tesla verhandelt. Woidke sieht in der Fabrik ein Projekt mit Signalwirkung für Europa. "Das erste Mal gelingt es, hier bei uns in Brandenburg zu zeigen, dass Klimaschutz und Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen Hand in Hand gehen können", sagte Woidke.

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Bester Laune: Brandenburgische Politiker.Reuters

Brandenburg sei deutschlandweit bei der Erzeugung erneuerbarer Energien pro Fläche und Einwohner vorn. Die Ansiedlung "bedeutet eine der größten Investitionen in der Geschichte unseres Landes".

In Grünheide war auch ein möglicher Standort für ein neues BMW-Werk, das aber nach Sachsen ging. Bis zum künftigen Hauptstadtflughafen BER, der im Oktober 2020 eröffnet werden soll, sind es von Grünheide etwa 25 Autominuten.

Hinzu komme die Nähe zu Berlin mit seinen Fachkräften und Talenten, betont die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft.

"Deutschland baut großartige Autos"

Tesla-Chef Elon Musk hatte das Projekt überraschend am Dienstagabend bei der Verleihung des "Goldenen Lenkrads" in Berlin angekündigt. Die Fabrik soll voraussichtlich Ende 2021 in Betrieb gehen und zunächst den künftigen Kompakt-Sportgeländewagen Model Y sowie auch Batterien und Antriebe bauen. Tesla werde zudem ein Ingenieurs- und Designzentrum in Berlin ansiedeln, sagte Musk.

"Deutschland baut großartige Autos." Das sei einer der Gründe für die Standort-Entscheidung gewesen. Auch der Brexit habe dabei eine Rolle gespielt, sagte Musk am Mittwoch der Zeitschrift "Autoexpress". Dieser habe ein zu großes Risiko für einen Standort in Großbritannien dargestellt.

Noch unkonkret sind die Pläne für die Hauptstadt. Bekannt wurde nur, dass Tesla dort ein Forschungs- und Entwicklungszentrum gründen will. Wie viele Beschäftigte dort tätig sein werden und wo das Zentrum errichtet werden könnte, blieb offen.

Auf "ein paar Hundert, wenn nicht gar ein paar Tausend" neue Jobs in Berlin hoffte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

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Zwei Teslas laden in Berlin ihre Batterien auf.Reuters

"Der Prozess geht aber jetzt erst richtig los", sagte Lukas Breitenbach auf Anfrage, Sprecher der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie. Die Einrichtung wird vom Land sowie von Kammern, Verbänden und Unternehmen getragen und hatte für Berlin die Gespräche mit Tesla begleitet.

In Frage kämen etwa Standorte in der Nähe von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Die Bezirke und die Bevölkerung sollen dabei frühzeitig einbezogen werden.

Einen Fall wie Google, das vor einiger Zeit wegen massiven öffentlichen Protests Pläne für einen Standort in Berlin-Kreuzberg absagte, soll es nicht noch einmal geben.

Die Entscheidung Teslas für die Region Berlin hat auch bundesweit Bedeutung. Altmaier treibt seit langem eine europäische Initiative zum Bau von Batteriezellfabriken voran, gemeinsam vor allem mit Frankreich. "Beides steht nebeneinander", sagte eine Sprecherin mit Blick auf die Tesla-Pläne.

Experte warnt vor zu großer Euphorie

Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer dämpfte die politische Euphorie. Die Zahl der Arbeitsplätze in der künftigen Fabrik sollte man nicht überschätzen, sagte er.

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Tesla-Chef Elon Musik am Mittwoch in Berlin.Reuters

"Zellfabrikation ist hochautomatisiert. Da zählen Energiekosten deutlich mehr als Arbeitskosten." Nach der Ankündigung Teslas sei zudem zu überlegen, welchen Sinn die eine Milliarde Euro noch habe, die Altmaier in eine deutsche Lithium-Ionen-Fabrikation stecken wolle.

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Tesla hatte schon seit längerem nach einem Standort für eine "Gigafactory" für die Herstellung von Batterien und Fahrzeugen in Europa gesucht.

Andere Bundesländer, die ebenso auf eine Ansiedelung von Tesla gehofft hatten, reagierten enttäuscht, etwa Niedersachsen und das Saarland. Nordrhein-Westfalen hofft nach Auskunft seines Wirtschaftsministeriums auf Zulieferaufträge.

Die erste "Gigafactory", die bisher nur Batterien produziert, baute Tesla in der Wüste im US-Bundesstaat Nevada. Erst vor kurzem wurde in weniger als sechs Monaten eine Fabrik in China fertiggebaut. Dort sollen bis zu 150.000 Fahrzeuge pro Jahr gebaut werden, zunächst das Model 3, dann auch das Model Y.

Die deutschen Autobauer müssen sich jetzt sputen, weil ihnen jemand im Heimatland die Butter vom Brot zu nehmen droht.
Dietmar Harhoff
Innovationsexperte

Innovationsexperte begrüßt Ansiedlung des Werks

Das angekündigte Tesla-Werk kann nach Ansicht des Innovationsexperten Dietmar Harhoff den Wandel der deutschen Autoindustrie unterstützen. Die deutschen Autokonzerne hätten sich lange an den Verbrennungsmotor geklammert.

"Da ist es gut, wenn sich hier ein Unternehmen niederlässt, das ganz anders darüber denkt. Das bringt Wind rein, das hilft uns, innovativer zu werden", sagte Harhoff, der die Bundesregierung zum Thema Forschung und Innovation berät, der Deutschen Presse-Agentur.

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Der Direktor des Max-Planck-Instituts in München bezeichnete Teslas Standortentscheidung für Deutschland zudem als "Auszeichnung". Tesla-Chef Elon Musk habe sich anstelle von Billiglohnländern für deutsche Standards und Qualität entschieden.

Der daraus entstehende Wettbewerb wirke sich auch auf die Konkurrenz aus. "Die deutschen Autobauer müssen sich jetzt sputen, weil ihnen jemand im Heimatland die Butter vom Brot zu nehmen droht", sagte Harhoff.

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