SPD nur noch bei 11 % - Wie geht das mit dem Neustart?

SPD nur noch bei 11 % - Wie geht das mit dem Neustart?
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Von Euronews mit dpa
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Auf dem Parteitag haben die SPD-Delegierten einen "neuen Sozialstaat" gefordert, doch in den Umfragen stürzen die Sozialdemokraten weiter ab.

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Die aktuellen Umfragen sehen nicht gut aus für die Sozialdemokraten. Im Trendbarometer von RTL ist die SPD auf 11 Prozent abgerutscht - sie liegt damit hinter der CDU/CSU - die auf 28 Prozent kommt -, hinter den Grünen - die 22 Prozent erreichen - und hinter der AfD - die 14 Prozent der Befragten bevorzugen. Diese Umfrage wurde nach dem Sieg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans realisiert.

Der Mann mit den schärfsten Worten ist mal wieder Friedrich Merz. Auf einem CDU-Meeting in Magdeburg erklärte er, die SPD sei im Grunde "in der letzten suizidalen Phase ihrer Existenz als Volkspartei".

Die Titelseite des SPIEGEL spricht ebenfalls Bände - und wird über Deutschland hinaus geteilt.

Auf dem Parteitag der SPD in Berlin haben sich die Delegierten für einen "neuen Sozialstaat" ausgesprochen und für eine Abkehr von Hartz IV und der Agenda 2010 ihres früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder.

Die SPD will zudem die Mieten in beliebten Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt für fünf Jahre so gut wie einfrieren. Bei der Wahl des Vorstands erhielten prominente Vertreter der Partei einen Dämpfer. Aus der CDU kam scharfe Kritik am neuen Kurs der SPD.

Hartz IV soll es laut der SPD nicht mehr geben - sondern ein Bürgergeld mit weniger Sanktionsmöglichkeiten. In einem ersten Schritt soll ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November umgesetzt werden, nach dem die Jobcenter die monatlichen Leistungen nicht stärker als um 30 Prozent kürzen dürfen. Das «sozioökonomische und soziokulturelle Existenzminium» soll gewahrt bleiben. Strengere Sanktionen für unter 25-Jährige und Kürzungen von Wohnkosten sollen abgeschafft werden.

"Hartz IV hinter uns lassen"

«Wir wollen Hartz IV hinter uns lassen», sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Mit ihrem Konzept wolle sich die Partei auch ein Stück weit von Dingen der Vergangenheit verabschieden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erinnerte daran, dass die SPD unter ihrer früheren Chefin Andrea Nahles die Arbeit am neuen Sozialkurs begonnen habe: «Das ist ihr Vermächtnis.»

Nach dem Karlsruher Urteil vom 5. November sind monatelange Minderungen um 60 Prozent der Hartz-IV-Leistungen oder mehr mit dem Grundgesetz unvereinbar. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Heil: «Das ist eine Gelegenheit, in dieser Koalition das gesamte System bürgerfreundlicher zu machen und zu reformieren.» Einen Gesetzentwurf wolle er Anfang kommenden Jahres vorlegen. Laut Bundesagentur für Arbeit betreffen Sanktionen rund acht Prozent der Hartz-IV-Bezieher.

Mit der Forderung nach einem Arbeitslosengeld Q greift die SPD eine Idee aus dem Jahr 2017 wieder auf, mit der der damalige Kanzlerkandidat Martin Schulz Wahlkampf gemacht hatte: Bei einer Weiterbildungsmaßnahme kann Arbeitslosengeld verlängert werden - nun fordert die SPD maximal 36 Monate. Heute besteht insgesamt ein Anspruch auf 24 Monate Arbeitslosengeld ab einem Alter von 58 Jahren. Die SPD fordert zudem eine Kindergrundsicherung von mindestens 250 Euro für jedes Kind pro Monat, eine Bürgerversicherung in der Pflege und ein stabiles Rentenniveau.

Ralf Stegner und Michael Müller fallen durch - Maas scheitert im 1. Wahlgang

Bei den Vorstandswahlen fielen der bisherige Parteivize Ralf Stegner und Berlins Bürgermeister Michael Müller im ersten Wahlgang durch und traten dann nicht mehr an. Außenminister Heiko Maas scheiterte im ersten Wahlgang, wurde aber im zweiten Wahlgang klar gewählt. Auch Familienministerin Franziska Giffey, Umweltministerin Svenja Schulze und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke wurden gewählt. Nicht in das Gremium schaffte es Außen-Staatsminister Niels Annen.

Nachbesserungen am bisherigen Koalitionskurs will die SPD zur Voraussetzung für einen Verbleib in der Koalition machen - so ihr Beschluss vom Freitag. Die neue SPD-Chefin Saskia Esken rechnet nun mit raschen ersten Gesprächen mit der Union. «Wir haben Gesprächsbereitschaft signalisiert bekommen», sagte sie am Rande des Konvents. Der neue SPD-Vize und Juso-Bundeschef Kevin Kühnert forderte einen klar definierten Anfang und ein Ende der Gespräche.

Ist die SPD noch zu retten?

DIE ZEIT stellt sich auf gewisse Weise hinter die SPD. Doch Giovanni di Lorenzo schreibt auch: "Die Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter Borjans ist der vorletzte Akt einer Tragödie." Und: "Die Rettung der SPD mag aus den Kommunen, von erfolgreichen Bürgermeistern kommen, von einer Frau oder einem Mann, die ein großes Thema mit persönlicher Beliebtheit und Kompetenz verbindet. Aber man muss schon sehr optimistisch sein, um der SPD eine große Zukunft vorherzusagen. Zu heftig scheint etwas zu wirken ,worunter offenbar linke Parteien leiden (beim Parteitag der CDU hat gerade der Überlebenswille gesiegt): ein fatales Selbstzerstörungsgen. Wer das ohne Bedauern hinnimmt, der hat links in der Brust einen Stein und kein Herz."

Das Wochenmagazin der FAZ lässt die SPD allerdings schon zu Grabe tragen.

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