"Meine Oma ist ne alte Umweltsau" - Heftige Debatte um WDR-Video

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Von Kirsten Ripper mit Twitter
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Der Intendant des WDR hat sich für das Lied, in dem Kinder "Meine Oma ist ne alte Umweltsau" singen entschuldigt. Gibt es wirklich einen Konflikt zwischen den Generationen?

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Sollte ein Kinderchor im öffentlich-rechtlichen Rundfunk satirische Lieder singen?

Für das Lied "Meine Oma ist ne alte Umweltsau" hat sich WDR-Intendant Tom Buhrow nach dem Shitstorm entschuldigt. Es gab sogar eine Sondersendung, in der sich Buhrow aus dem Krankenhaus meldete, in dem sein 92 Jahre alter Vater behandelt wird. "Mein Vater ist keine Umweltsau", sagte der WDR-Chef.

Auch der Chorleiter des WDR Kinderchors hat sich inzwischen im Internet entschuldigt. Es gehe nicht um die Oma, sondern um uns alle.

Tatsächlich machen bei den Klimaprotesten ja auch ältere Menschen mit - es gibt nicht nur "Parents", sondern auch "Omas for future". Bei den CO2-Footprints und anderen Umweltsünden schneiden altere Leute oft besser ab, weil sie weniger fliegen, weniger "Coffee-to-go" trinken etc.

Auf den Seiten des Senders wurde das umstrittene Video schon vor Buhrows Entschuldigung gelöscht, aber im Internet kann man es sich noch anschauen (siehe unter Liedtext). Die Melodie ist die von "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad". Viele Mädchen lächeln, während sie singen. Der Chorleiter legt sich ins Zeug. Irgendwie passt diese Stimmung aber nicht so recht zum Text.

"Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, Motorrad, Motorrad. Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ne alte Umweltsau. Meine Oma sagt, Motorradfahrn ist voll cool, ist voll cool, ist voll cool. Sie benutzt das Ding im Altersheim als Rollstuhl. Meine Oma ist ne alte Umweltsau. Meine Oma fährt mit SUV beim Arzt vor, beim Arzt vor, beim Arzt vor. Überfährt dabei zwei Opis mit Rollator. Meine Oma ist ne alte Umweltsau. Meine Oma brät sich jeden Tag ein Kotelett, ein Kotelett, ein Kotelett. Weil Discounterfleisch so gut wie gar nix kostet. Meine Oma ist ne alte Umweltsau. Meine Oma fliegt nicht mehr, sie ist geläutert, geläutert, geläutert. Stattdessen macht sie jetzt zehnmal im Jahr ne Kreuzfahrt. Meine Oma ist doch keine Umweltsau."

Die Internet-Gemeinde ist gespalten in Gegner und Befürworter des Songs.

Am 27. Dezember hatte WDR 2 auf Facebook erklärt, das Lied sei gelöscht worden, weil der Vorwurf, Kinder seien instrumentalisiert worden "unerträglich" sei.

Unter dem Titel "2020 wird ein schwieriges Jahr, nicht nur für Omas" schreibt Harald Martenstein im "Tagesspiegel": "Nach meiner Erfahrung tun sich Neunjährige schwer damit, zu begreifen, was „Satire“ überhaupt ist. (...) Die Sache erinnert mich, wegen ihrer Bigotterie, mal wieder an die DDR. Dort hat man den kleinen Leuten das Reisen und Westmedien verboten, während die politische Elite sich beides gestattete und Erich Honecker in Wandlitz Pornos schaute. In der Schule wurden die Kinder gefragt, ob zu Hause die „Tagesschau“ läuft. Die Indoktrination und die politische Indienstname von Kindern gilt als Kennzeichen von autoritären Regimen."

Auf Zeit.online heißt es dagegen, in Deutschland seien die Oma "Nationalheiligtum". Der 1980 geborene David Hugendick meint. "Wenn es gegen Rentner geht, versteht Deutschland keinen Spaß. Der deutsche Rentner gilt ja vielen andauernd als verfolgte Unschuld, als (wenn man den Boulevardmedien glaubt) unentwegtes Ziel systematischer Benachteiligung, und die Oma noch mehr als der Opa. Mit Opa hat Deutschland eine, freundlich gesagt, schwierigere Geschichte, während die "Oma" als lebensweltliche Chiffre mit Güte verbunden wird, mit Entbehrung, Fürsorge und unverdächtigen Sonntagnachmittagen, an denen der Kaffee so schäumt wie sonst nie. Die deutsche Oma ist offenbar ein Nationalheiligtum.*

Micky Beisenherz gehört zu denen, die meinen, der WDR hätte das Video nicht zurückziehen sollen und spricht vom "dümmsten Aufreger des Jahres". Er schreibt im stern.de: 3Hier geht es ja nicht um eine bestimmte Person, sondern halt eben um diese eine Oma in dem Lied. Wer daran Anstoß nimmt, nimmt auch die Darmträgheitsreklame im ARD-Vorabend persönlich. Satire ist ein Schuh, der dem passt, der ihn sich anzieht. Und wenn man es nicht lustig findet: Auch gut. Was ist aus den guten alten Reaktions-Klassikern Augenrollen, Abwinken oder Schulterzucken geworden. Ohne Boykottaufruf und Sammelklage kommt nicht einmal mehr die simpelste Toilettenwandtexterei aus, so scheint es.

Wenn man dem Lied eines vorwerfen kann, dann höchstens, dass es für eine anständige Satire eigentlich nicht hart genug war."

Auf Twitter verweist Journalist Enno Park auf die eigene Kindheit. Seine Oma sei Nazi gewesen.

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