Umstritten: Novartis verlost 2-Mio-Euro-Medikament an Betroffene

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Umstritten: Novartis verlost 2-Mio-Euro-Medikament an Betroffene

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Rund zwei Millionen Euro für eine Spritze - soviel kostet ein Medikament gegen die Spinale Muskelatrophie SMA, ein seltener und tödlicher Muskelschwund bei Kleinkindern.

Weil das Gentherapie-Präparat Zolgensma in vielen Ländern noch nicht zugelassen ist, will der Hersteller Novartis jetzt 100 kostenlose Dosen über eine umstrittene Medikamenten-Lotterie an Betroffene verlosen. Das neue Wundermittel gibt Betroffenen Hoffnung. Etwa eines von 10.000 Neugeborenen kommt mit der Krankheit zur Welt, Auslöser ist ein Gendefekt. 

Das Biotechnologieunternehmen Avexis, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Novartis, hatte den Start des weltweiten Losverfahrens kürzlich angekündigt. Präsident David Lennon erklärt die Hintergründe: "Das ist eine sehr schwierige Problematik, ein Dilemma. Leider gibt es viele Babys, die es verdienen, dieses Medikament zu bekommen und wir können nicht schnell genug produzieren, um sie alle zu behandeln. Das ist der einzige Weg, das verfügbare Produkt fair und gerecht zu verteilen."

Krankenkassen: Verlosung ist Glücksspiel mit kranken Kindern

In Deutschland hatten Bundesgesundheitsministerium und Krankenkassen an Novartis appelliert, das Medikament zugänglich zu machen. Nun kritisiert der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen das Vorgehen von Novartis. Was man statt eines Glücksspiels brauche, sei ein Härtefallprogramm, 

Der Betroffenenverband SMA Europe sieht das angekündigte Losverfahren mit gemischten Gefühlen.  Angesichts des hohen ungedeckten Bedarfs des Medikaments sei man sich der Tatsache bewusst, dass das Verfahren einer Reihe von Kleinkindern auf der ganzen Welt Zugang zu dieser vielversprechenden Therapie bieten wird. Andererseits kritisiert der Verband die Form der Vergabe aus ethischen Gründen. Kacpar Rucinski von SMA Europe: "Wir müssen genau hinsehen und die Ärzte entscheiden lassen, wer welche Behandlung benötigt. Wir können doch kein Pharmaunternehmen entscheiden lassen, wer diese Behandlung bekommt und wer nicht. Es sollte ein Arzt sein, der nach medizinischen Kriterien entscheidet."

Wert des Medikaments eigentlich nur 900.000 Euro

Famile de Meyer aus den Niederlanden hat ein Baby, das an PMA leidet. Für die kleine Pia ist Zolgensma die einzige Chance zu überleben. Weil die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt, hat die Familie im Internet Spenden gesammelt.

Famile de Meyer aus den Niederlanden hat im Internet Spenden gesammelt, um die Behandlung ihrer Tochter bezahlen zu können. Für die kleine Pia ist Zolgensma die einzige Chance zu überleben.

Die Mutter des erkrankten Kindes Ellen de Meyer: "Es gibt einen unabhängigen Bericht, der zeigt, dass unter Berücksichtigung aller Produktions- und Forschungskosten immer noch ein satter Gewinn für das Unternehmen bleibt. Der wahre Wert des Medikaments liegt bei etwa 900.000 Euro, das ist weniger als die Hälfte von dem, was die Firma im Moment dafür verlangt."

Sonderlösung für deutsche Patienten?

In Deutschland werden pro Jahr etwa 50 Kinder mit der schwersten Form des Gendefekts SMA geboren. Zusätzlich zu der Verlosung hat Novartis angeboten, Zolgensma in Deutschland zunächst für einen symbolischen Preis von zehn Euro zu verkaufen. Mit den Krankenkassen würde man dann eine Nachzahlung für den Fall der Zulassung vereinbaren. Novartis erwartet eine Zulassung des Medikaments durch die Europäische Arzneimittel-Agentur in der ersten Jahreshälfte 2020.

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