"Fleischgipfel" im Kanzleramt: Mit Bußgeldern gegen Dumping-Schnitzel

"Fleischgipfel" im Kanzleramt: Mit Bußgeldern gegen Dumping-Schnitzel
Copyright © EBU, Euronews
Copyright © EBU, Euronews
Von Jessica Saltz, su mit AP
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Wie bringt man gute Lebensmittel und angemessene Preise zusammen? Das war das Thema eines „Fleischgipfels“ im Kanzleramt. Landwirtschaftsministerin Klöckner will nach der europäischen Richtlinie zu unfairen Handelspraktiken die Marktmacht von Großabnehmern im Zaum halten

WERBUNG

Königsberger Klopse, Rouladen und Spaghetti Bolognese - Angela Merkel liebt die bodenständige Küche und die sparsame schwäbische Hausfrau ist ihr Ideal - nicht gerade das Idol von Bauern- und Umweltlobbyisten. Aber wie bringt man gute Lebensmittel und angemessene Preise zusammen? Das war das Thema eines „Fleischgipfels“ im Kanzleramt mit der deutschen Kanzlerin, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit Vertretern der Lebensmittelindustrie und des Einzelhandels.

© EBU

Auslöser sind Proteste von Bauern gegen neue Umweltauflagen, aber auch gegen umstrittene Billigangebote für Fleisch, Milchprodukte und andere Lebensmittel. Lebensmittel dürften "nicht zu Schnäppchenpreisen verramscht werden", so der Deutsche Bauernverband (DBV). Rund 60 Kilo Fleisch isst ein Mensch in Deutschland im Schnitt pro Jahr.

© EBU

Renate Künast (Die Grünen), in einem früheren Leben Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2001 bis 2005):

“In Deutschland schmeißen wir so viele Lebensmittel weg, dass wir eigentlich die Fläche von Mecklenburg-Vorpommern umsonst bewirtschaften, mit allen Schadstoffausstößen. Da muss man irgendwo auch mal, wie auf der Autobahn, Leitplanken setzen.“

© Euronews

Auch Klöckner dringt vor allem auf mehr Wertschätzung für Lebensmittel – und damit auch für die Erzeuger. Zitate: "Zwei Kilo Äpfel für 1,11 Euro, wie soll so etwas funktionieren?" Und: "Hähnchenschenkel für 20 Cent pro 100 Gramm, das ist unanständig" ("Tagesspiegel"). Man frage sich, wie ein Bauer davon leben und höchste Tierwohlstandards einhalten könne. Und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat beobachtet:. "Viele Nahrungsmittel sind in Deutschland im Vergleich zu Nachbarländern erstaunlich billig" ("Funke Mediengruppe").

Für die Kanzlerin ist das erst der Beginn einer Debatte. Sie plädiere zudem dafür, dass der Handel stärker auf regionale Erzeuger setzt.

Zwei Kilo Äpfel für 1,11 Euro, wie soll so etwas funktionieren?
Julia Klöckner
Bundeslandwirtschaftsministerin

Unter den Protesten von Greenpeace und Bauern gegen Ramsch-Lebensmittel verteidigte Lionel Souque, Vorstandschef der Supermarktkette Rewe, die Preisgestaltung der vier Handelsketten Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland sowie Aldi, die laut Bundeskartellamt mehr als 85 Prozent des Lebensmittel-Marktes in Deutschland kontrollieren:

"In Deutschland leben rund 13 Millionen Menschen in Armut oder an der Armutsgrenze", sagte er („dpa“). "Erschwingliche Lebensmittelpreise ermöglichen diesen Menschen eine gesunde und sichere Ernährung."

© Euronews

Vorläufiges Fazit: Merkel geht es nicht um „eine Art staatlich vorgeschriebenen Mindestpreis“, sondern "um faire Beziehungen zwischen den verschiedenen Spielern." Sie glaube, dass "wir da jetzt sehr schnell vorankommen", sagte Merkel und verwies auf die Transparenzrichtlinie der EU von Ende 2019, die Vergleiche von Abgabe- und Verbraucherpreisen möglich mache.

Klöckner will nun die europäische Richtlinie zu unfairen Handelspraktiken schnell umsetzen – sie soll die Marktmacht von Großabnehmern im Zaum halten. Wer diese nicht einhalte, müsse mit Bußgeldern rechnen, so die Ministerin.

Jessica Saltz, su mit AP

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Höhere Preise für Lebensmittel? EU-Parlament debattiert unfaire Handelspraktiken

Brüssel warnt Lebensmittelbranche vor Qualitätsschummel

Lebensmittelverschwendung muss beendet werden