Ghani und Abdullah: Zwei Präsidenten in Afghanistan vereidigt

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Von Euronews mit dpa, AP, AFP
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Der Streit um die Wahlergebnisse führt zu einer skurrilen Situation.

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An diesem Montag haben sich zwei Politiker in Afghanistan zum Präsidenten erklärt und den Amtseid abgelegt. Aschraf Ghani, der laut Wahlkommission die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, leistete seinen Amtseid am Montag im Präsidentenpalast in Kabul. Gleichzeitig ließ sich auch sein Konkurrent im Wahlkampf, der bisherige Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, in einer eigenen Zeremonie in Kabul als Präsident vereidigen.

Während Ghanis Rede waren Explosionen zu hören. Zwei Raketen sollen einige Kilometer entfernt eingeschlagen sein, wie es aus Sicherheitskreisen hieß. «Alle sind in Sicherheit, niemand verletzt, auch Präsident Ghani nicht», twitterte Regierungssprecher Sedik Sedikki darauf am Nachmittag. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Angriff für sich. Ihr Sprachrohr Amak meldete, IS-Kämpfer hätten den Präsidentenpalast mit Katjuscha-Raketen beschossen. Das behauptete die Propaganda der Dschihadisten im Internet.

Auf Videos sind die Explosionen zu hören.

AP Photo/Rahmat Gul
Ghani: "Ich trage keine gepanzerte Weste"AP Photo/Rahmat GulRahmat Gul

Ghani setzte seine Rede nach eine kurzen Pause fort. «Ich trage keine gepanzerte Weste», sagte Ghani und öffnete seine Jacke. «Wir haben große Angriffe gesehen. Ein paar Explosionen sollten uns keine Angst machen.» Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Ghani von Menschenmassen empfangen und mit militärischen Ehren begrüßt wurde. Auch der Kommandeur der US-Truppen in Afghanistan, General Austin Scott Miller, sowie US-Diplomat Zalmay Khalilzad kamen zu Ghanis Zeremonie.

Auch Abdullah Abdullah leistete an diesem Montag einen Amtseid. Auf Twitter schrieb der Politiker auch, er sei entschlossen, eine Regierung zu bilden.

AFP
Abdullah Abdullahs Presseteam verbreitet dieses BildAFP-

Seit Monaten herrscht Streit um den Ausgang der Präsidentenwahl im September 2019. Die Wahlkommission hatte Amtsinhaber Ghani am 18. Februar mit 50,64 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt. Abdullah spricht von Betrug und beanstandete rund 300 000 Stimmen. Die Wahlbeteiligung war mit 15 Prozent die geringste seit dem Fall des Taliban-Regimes im Jahr 2001.

Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network sagte: «Wir wissen nicht, wie die Wahl wirklich ausgegangen ist.» Hätte man die beanstandeten Stimmen annulliert, so wäre ein zweiter Wahlgang wahrscheinlich gewesen. Medien hatten von einem Treffen zwischen Teams von Abdullah und Ghani am Sonntag berichtet. Demnach hatten sich beide Seiten nicht auf einen Kompromiss einigen können.

Die innenpolitische Krise trifft Afghanistan zur Unzeit. Die USA und die militant-islamistischen Taliban haben gerade ein Abkommen abgeschlossen, das den Weg für innerafghanische Friedensgespräche einleiten sollte. Um in den Verhandlungen mit den Islamisten zu bestehen, ist Beobachtern zufolge vor allem Einigkeit auf Regierungsseite vonnöten.

Ghani kündigte am Montag an, das Verhandlungsteam bis Dienstag zusammenzustellen. Ursprünglich sollte an diesem Tag bereits der Auftakt der innerafghanischen Verhandlungen sein - so sah es das Abkommen zwischen den USA und den Taliban vor. Der rechtzeitige Beginn der Gespräch dürfte damit vom Tisch sein.

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