"Londoner Patient" ist zweiter weltweit, der von AIDS geheilt wurde

"Londoner Patient" ist zweiter weltweit, der von AIDS geheilt wurde
Copyright AFP
Von Euronews mit AFP
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Der Patient wurde mit einer risikoreichen Stammzellentransplantation behandelt. Deshalb ist die Therapie nicht einfach auf viele HIV-Positive anwendbar.

WERBUNG

Ein HIV-Patient, der eine Transplantation von Stammzellen erhalten hat, ist nun geheilt. Er ist weltweit der zweite, der als von AIDS geheilt gilt, das erklärten seine Ärzte am Dienstag. Zudem wurden ihre Erkenntnisse in der Zeitschrift "The Lancet" veröffentlicht.

Fast ein Jahrzehnt nach dem ersten bestätigten Fall eines HIV-Patienten, der geheilt wurde, wird dieser zweite Fall bekannt. Der "Londoner Patient" genannte Mann hat trotz des Stopps der antiretroviralen Behandlung 30 Monate lang keine Anzeichen des Virus gezeigt.

Im März 2019 gab Professor Ravindra Gupta von der Universität Cambridge bekannt, dass sich der Mann, der 2003 als HIV-positiv diagnostiziert wurde, in Remission befand, nachdem er 18 Monate lang keine Anzeichen des Virus gezeigt hatte.

Der Arzt mahnte damals jedoch zur Vorsicht, bestand auf dem Begriff "Remission" statt "Heilung" und bat um mehr Zeit.

Ein Jahr später erklärt das Team: "Wir vermuten, dass unsere Ergebnisse eine Heilung für HIV darstellen". Sie hatten Blut-, Gewebe- und Samenproben des Patienten überprüft.

"Wir haben eine beträchtliche Anzahl von Orten getestet, an denen sich das Virus gerne versteckt und fast alles war negativ", abgesehen von einigen "fossilen" Überresten eines nicht aktiven Virus", sagte Prof. Gupta gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. "Es ist schwer vorstellbar, dass jede Spur eines Virus, das Milliarden von Zellen infiziert, beseitigt wurde", meinte er.

Wie der "Berliner Patient", der Amerikaner Timothy Ray Brown, der 2011 geheilt wurde, hatte auch der "Londoner Patient" einer Knochenmarktransplantation zur Behandlung von Blutkrebs und erhielt so Stammzellen von Spendern, die eine seltene Genmutation tragen, die die Einnistung von HIV verhindert, die sogenannte CCR5.

Die Tatsache, dass die Genesung des Berliner Patienten fast ein Jahrzehnt lang die einzige blieb, ließ einige vermuten, dass es sich nur um einen Zufall handelte.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg der Stammzellentransplantation als Behandlung von HIV wie vor neun Jahren für den Berliner Patienten reproduzierbar ist", so die Forscher, die nun auf weitere Erfolge hoffen.

"Andere Patienten haben eine ähnliche Behandlung erhalten, aber keiner ist so weit in der Remission (...). Es wird wahrscheinlich noch weitere geben, aber es wird Zeit brauchen", kommentierte Professor Gupta.

Kompliziertes und risikoreiches Verfahren

Inzwischen hat der Londoner Patient beschlossen, seine Identität diese Woche in einem Interview mit der New York Times zu enthüllen. "Ich möchte ein Botschafter der Hoffnung sein", sagte Adam Castillejo (40) der in Caracas in Venezuela aufgewachsen ist.

Aber die Forscher erkennen an, dass ihre Methode im Moment keine Lösung für die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt ist, die mit AIDS leben und die Krankheit mit antiretroviralen Medikamenten kontrollieren, die lebenslang eingenommen werden müssen.

Das für die beiden geheilten Patienten angewandte Verfahren ist sehr umständlich und riskant. Und wirft "ethische" Fragen auf, so Prof. Gupta.

"Die Sterblichkeitsrate von 10 % bei einer Stammzellentransplantation muss gegen das Risiko des Todes abgewogen werden, wenn nichts unternommen wird", sagt der Mediziner.

"Solche Arbeiten sind wichtig für die Entwicklung von Behandlungsstrategien, die auf breiterer Ebene anwendbar sein könnten", kommentierte Dr. Andrew Freedman von der Universität Cardiff, der nicht an der Studie beteiligt war.

Andere Wissenschaftler sind vorsichtiger. "Ist der Patient in London wirklich geheilt", fragte Sharon Lewin von der Universität Melbourne. "Die Daten (...) sind natürlich ermutigend, aber am Ende wird es nur die Zeit zeigen." Sie sagte auch, dass "mehr als eine Handvoll Patienten, die von HIV geheilt wurden", nötig seien, um die "Wahrscheinlichkeit eines späten und unerwarteten Wiederauftretens der Virusvermehrung" zu beurteilen.

Der "Londoner Patient" wird weiterhin regelmäßig getestet, um ein mögliches Wiederauftreten des Virus zu überwachen.

Weltweit leben fast 38 Millionen Menschen mit HIV, aber nur 62% erhalten eine Dreifachtherapie. Im Jahr 2018 sind fast 800.000 Menschen an durch HIV verursachten Krankheiten gestorben. Auch das Auftauchen arzneimittelresistenter Formen von HIV gibt zunehmend Anlass zur Sorge.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Am Ende Impfgegner: HIV-Entdecker Luc Montagnier mit 89 gestorben

AIDS-Patienten extrem von Covid bedroht

UNO warnt: Wir können unsere Aids-Ziele nicht erreichen