Hausarzt aus Codogno kurz vor seinem Tod: "Wir arbeiten ohne Handschuhe"

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Von Gioia Salvatori
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Ein Hausarzt im lombardischen Codogno klagt auf euronews über die schlechte medizinische Ausstattung. Kurze Zeit später stirbt er an Covid-19.

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Italien ist das mit Abstand am schwersten betroffene Land in der Corona-Krise. Die Region Lombardei ist ein Epizentrum, dort breitet sich die Virus-Epidemie rasant aus. Die Krankenhäuser sind total überlastet. Da alle Intensivbetten längst belegt sind, kämpfen inzwischen Hausärzte an vorderster Front und zwar laut Medienberichten oft ohne die sanitären Einrichtungen und Sicherheitsvorkehrungen, die es zum Schutz der Ärzte bräuchte.

Marcello Natali, Hausarzt in Codogno, in der besonders vom Coronavirus betroffenen italienischen Region Lombardei, ist an Covid-19 gestorben. Der 57-Jährige erlag einer schweren Lungenentzündung. Er beschrieb die schlechten Arbeitsbedingungen und zeigte seine Maske und Handdesinfektionsmittel. Aber er hatte keine Handschuhe, die "gibt es nicht mehr", sagte er im Interview mit euronews. Es war eines seiner letzten, kurz vor seinem Virustest, der positiv ausfiel:

"Auf eine solche Situation waren wir Ärzte sicherlich nicht vorbereitet", so Marcello Natali. "Vor allem die Mediziner meiner Generation, aus der Zeit nach der Antibiotika-Ära, die davon überzeugt waren, dass eine Pille die Lösung für alle Übel wäre. Dann wurde uns klar, dass wir auf dem Holzweg sind. Jetzt versinken wir in Demut, was uns vielleicht ganz guttut."

Lombardei: viele Ärzte haben Covid-19

In Codogno sowie in der Stadt Casale waren am 28. Februar 14 von 35 Ärzten in Quarantäne oder wurden ins Krankenhaus eingeliefert erzählte Natali:

"Es gibt weniger Besuche in der Arztpraxis. Wir wollen natürlich so wenig wie möglich Menschen an einem potenziellen Ort für Ansteckungen. Die Leute sind besorgt, aber alles in allem reagieren sie gut. Sie kommen nur, wenn es ihnen wirklich schlecht geht. Aber die Angst ist definitiv groß."

Marcello Natali war Sekretär der italienischen Vereinigung der Hausärzte (Fimmg) in Lodi. Er wurde vom Krankenhaus in Cremona nach Mailand verlegt und dort aufgrund einer schweren beidseitigen Lungenentzündung intubiert, bevor er verstarb.

Laut der Fimmg-Regionalsekretäring Paola Pedrini ist Bergamo ein Epizentrum der Corona-Pandemie: "Von etwas mehr als 600 Ärzten sind mehr als 110 an Covid-19 erkrankt, ein Dutzend sind an Beatmungsgeräten." Sie erzählt weiter: "Seit Ende Februar hat sich die Situation nicht verbessert: Einige Masken und Handschuhe sind eingetroffen, aber das komplette Set ist etwas anderes. Die Masken mit dem Filter, der für einen halben Tag reicht, benutzen wir eine ganze Woche."

Die Lombardei ist Hochrisikogebiet, rote Zone: Seit dem 23. Februar sind etwa zehn Gemeinden aufgrund des rasanten Anstiegs der Covid-19-Fälle isoliert.

Der italienische CNN-Reporter Tancredi Palmeri postet auf Twitter: "Für diese Bild gibt es keine Worte. Militärlastwagen in Bergamo transportieren Särge für die Einäscherung in andere Städte der Region Lombardei, da die Stadt und das Leichenschauhaus völlig überlastet sind."

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