Trotz Covid-19: Kneipen in Schweden weiter auf - Warum der andere Weg?

Trotz Covid-19: Kneipen in Schweden weiter auf - Warum der andere Weg?
Copyright David Keyton/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Kirsten Ripper mit dpa, AFP
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Im Kampf gegen das #Coronavirus setzt #Schweden vor allem auf freiwillige Maßnahmen - das liegt auch an Anders Tegnell.

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Fast die ganze Welt setzt im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus auf Lockdown und Ausgangsbeschränkungen - auch Norwegen, Finnland und Dänemark. Doch Schweden geht einen anderen Weg. Erst am Freitag hat Ministerpräsident Stefan Löfven Versammlungen von mehr als 50 Personen untersagt. Restaurants und Kneipen bleiben aber geöffnet - auch wenn die Gäste Abstand voneinander halten sollen. Kleinere Kinder gehen weiter in Schulen und Kitas.

Die Regierung setzt vor allem auf Freiwilligkeit und das Verantwortungsbewusstsein seiner Bürger. Leute über 70 sollten zu Hause bleiben, den Unternehmen wird Home Office empfohlen. Es ist zwar ruhiger geworden in der Hauptstadt, aber in Stockholm können die Bewohner weiterhin den Frühling genießen, draußen spazieren gehen und Sport treiben.

Strenge Zwangsmaßnahmen - wie sie vor allem in Italien, Spanien und Frankreich gelten - haben die Verantwortlichen in Stockholm nicht überzeugt.

Doch in Schweden gab es am 29. März 3.700 Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 angesteckt hatten. 105 waren nach einer Infektion gestorben.

Die Coronavirus-Strategie von Anders Tergnell

Anders Tegnell ist Staatsepidemiologe bei der schwedischen Gesundheitsbehörde, die eigentlich Volksgesundheitsbehörde (Folkhälsomyndigheten) heißt. Bei den täglichen Pressekonferenzen trägt er öfter Pullover als Anzug und wirkt manchmal wie ein zerstreuter Professor.

Der 63-jährige, der sich seit 1985 mit Infektionskrankheiten beschäftigt, hält die Schließung von Schulen für eine voreilige Maßnahme. Tergnells Argument lautet: "Es ist nicht möglich, sehr drastische Dinge wie in anderen Ländern zu tun, die Schließung von Schulen für vier oder fünf Monate hätte in vielerlei Hinsicht schwerwiegende Auswirkungen, insbesondere auf die öffentliche Gesundheit."

Tergnells Gegner verweisen darauf, dass der schwedische Mediziner vor wenigen Wochen das Vorgehen in Großbritannien, wo Premierminister Boris Johnson zunächst auf "Herdenimmunität" setzte, befürwortete. Inzwischen ist Johnson selbst an Covid-19 erkrankt, und er hat eine Ausgangssperre in Kraft gesetzt.

Kritik am eingeschlagenen Kurs

Die Kritik am eingeschlagenen Kurs haben hochrangige schwedische Wissenschaftler in einem offenen Brief publik gemacht, in dem sie zum Umdenken aufrufen. Die Regierung müsse den Kontakt zwischen den Menschen stärker einschränken und viel mehr testen.

Greta Thunberg hatte - als sie ihre vermutliche Erkrankung bekannt machte - darauf verwiesen, dass in Schweden nur PatientInnen mit schweren Symptomen getestet werden.

Die Unterzeichner der offenen Briefs meinen, es sei auch angebracht, Schulen und Restaurants zu schließen, bis man mehr über die Situation wisse.

"Wir sind eines der Länder der Welt, in dem die schwächsten Maßnahmen eingeführt wurden", erklärte der Molekularbiologe Sten Linnarsson vom Stockholmer Karolinska-Institut in der Zeitung «Dagens Nyheter». Er und die anderen Unterzeichner des Briefes wollten nur, dass Schweden internationale Empfehlungen wie die der Weltgesundheitsorganisation WHO befolge.

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