Schwedens Coronapolitik: Senioren kommen nicht ins Krankenhaus

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Von Per Bergfors Nyberg
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"Für die, die Opfer dieser schrecklichen Pandemie wurden, und ihre Familien ist es ein großes Leid." Schwedens Außenministerin Ann Linde

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Dies ist die Geschichte von Moses Ntanda. Er ist ein Beispiel für die schwedische Coronapolitik. Er ist tot.

Vor zwei Jahren feierte er in einem Stockholmer Restaurant seinen 70. Geburtstag. Seine Nichte Juliana Jihem zeigt Euronews einen Film von der Feier, wie glücklich er war, umgeben von Freunden und Familie. An Ostern starb Moses Ntanda in einem Stockholmer Altersheim, allein.

Juliana Jihem erzählt: "Moses war mein Onkel. Er war wie ein Vater für mich."

Als er sich mit dem Coronavirus angesteckt hatte, wurde seiner Nichte vom Altersheim mitgeteilt, dass er nicht in ein Krankenhaus käme. "Sie sagten, so wird das bei uns praktiziert, wenn einer der Senioren Corona hat. Sie würden sich stattdessen im Altenheim um ihn kümmern. Er brauche kein Krankenhaus. Doch in Wirklichkeit brauchte er sehr wohl ein Krankenhaus", sagt Juliana Jihem.

Die Hälfte aller Coronatoten in Schweden sind Senioren, die in Altenheimen lebten. Schweden hatte keine Quarantäne angeordnet, sondern an das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen appelliert.

"Beim Schutz der Senioren hat die Strategie nicht gut geklappt"

Der Staatsepidemiologe der schwedischen Behörde für öffentliche Gesundheit (Folkhälsomyndigheten), Anders Tegnell, verteidigt die Politik der Regierung: "Unsere Strategie hat ja verschiedene Aspekte. Was den Schutz der Senioren in den Altenheimen angeht, nun ja, da hat die Strategie nicht gut geklappt. Das ist uns bewusst. Wir versuchen hier die Strategie zu verbessern. Zusammen mit den Betreibern von Altenheimen."

Schwedens Regierung empfahl lediglich die soziale Distanz. Einen Lockdown verhängen, das wollte sie nicht. Mediziner warnten früh, wie gefährlich das sei.

Mediziner Dr. Stefan Hansson erklärt: "Wir haben auf die Einwohnerzahl gerechnet eine der höchsten Sterblichkeitsraten der Welt von Corona. Zwei Drittel derer, die gestorben sind, oder mehr, könnten noch am Leben sein."

"Ein großes Leid"

Die schwedische Außenministerin Ann Linde meint: "Eines unserer Ziel haben wir erreicht: Die Kurve ist flacher. Wir haben erreicht, dass die Verbreitung des Coronavirus geringer wird und dass unser Gesundheitssystem damit fertig wird. Für die, die Opfer dieser schrecklichen Pandemie wurden, und für ihre Familien, ist das natürlich ein großes Leid. Wir werden genau untersuchen, warum sich das Virus in den Altenheim so stark ausbreiten konnte."

Juliana Jihem hätte eine Frage an die Ministerin: "Wenn Ihre Strategie so gut ist, warum sterben dann so viele?"

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