Jedes Land die eigene: Wissenswertes zu Covid-Tracing-Apps in Europa

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In Österreich gibt es die Tracing-App "Stopp Corona" schon seit mehreren Wochen. In Frankreich und der Schweiz gehen die Apps vor der deutschen Version an den Start. Doch derzeit bleiben viele Fragen.

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In Italien ist die Coronavirus App "Immuni" seit dem 1. Juni installierbar, wie die Internetseite Watson mitteilt auch für Smartphone-UserInnen in der Schweiz. Allerdings könne pro Handy immer nur eine App genutzt werden - auch wenn die Schweizer und die italienische Tracing-App ähnlich funktionieren und bei auf die Zusammenarbeit mit Google und Apple setzen. Die italienische App kann ab dem 8. Juni in vier Regionen im Norden des Landes genutzt werden - nämlich in Ligurien, Abruzzen, Marken und Apulien.

In Österrreich gibt es die "Stopp Corona App" schon seit Ende März. Im Juni wird eine neue verbesserte Version eingeführt, die dann auch "europatauglich" sein soll.

Die österreichische App hat das "Rote Kreuz" zusammen mit der Softwarefirma Accenture und mit Unterstützung des Versicherungsunternehmens UNIQA entwickelt. Dabei ist vom "digitalen Handshake" die Rede. "Mit dem digitalen Handshake können zwei Personen, die beide die App benutzen, ihre Begegnung im integrierten Kontakt-Tagebuch speichern. Das geschieht vollkommen sicher und anonym. Wird nun eine der beiden Personen positiv auf das Coronavirus getestet, kann sie dies in der App melden. Daraufhin werden alle Kontakte der letzten zwei Tage über die Infektion benachrichtigt und gebeten, sich wenn möglich selbst zu isolieren und sich bei Auftreten von Symptomen richtig zu verhalten." Die Besonderheit der App in Österreich besteht darin, dass nicht nur bestätigte Fälle von Covid-19 gemeldet werden sollten, sondern auch Verdachtsfälle.

Die eidgenössische App heißt "SwissCovid" - und die Schweiz rühmt sich als "weltweit erstes Land, das die Schnittstelle von Google und Apple für das Proximity-Tracing nutzt" - wie die Internetseite des Bundesamtes für Gesundheit schreibt. Die App wurden von den Technischen Hochschulen in Lausanne und Zürich entwickelt und befindet sich in der Testphase.

Jedes Land seine eigene App

Bei den Apps zur Nachverfolgung der Kontakte, die jeder im täglichen Leben z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln hat, setzt bisher jedes Land auf seine eigene Variante. Dabei besteht das Prinzip überall darin dass die Smartphones der App-NutzerInnen, die sich nahe beieinander aufhalten, per Bluetooth (siehe weiter unten) die Anwesenheit gegenseitig erkennen. Die App speichert dann die Begegnungen - so dass Kontaktpersonen im Fall einer Coronavirus-Infektion leichter gefunden werden können. Alle Regierungen versichern, dass die Daten der UserInnen anonym bleiben.

Bei seiner nächsten Sitzung Anfang Juni soll das Schweizer Parlament über "SwissCovid" abstimmen, es wird mit einer breiten Zustimmung gerechnet.

In Frankreich hat eine Mehrheit der Abgeordneten die App "Stop Covid" bereits befürwortet. Doch viele Oppositionspolitiker machen gegen die französische App mobil.

Darum sind die Apps aus Frankreich und Deutschland nicht kompatibel

Auch wenn das deutsche Fraunhofer Institut an der Entwicklung der französischen App - die am 2. Juni an den Start gehen soll - beteiligt ist, wird sie - zumindest zunächst - nicht mit der deutschen Version kompatibel sein.

Frankreich ist bei der ursprünglich für ganz Europa geplanten PEPP-PT (Pan-European Privacy Preserving Proximity Tracing) geblieben, die die Speicherung der Daten auf einem zentralen Server vorsieht.

In Deutschland wurde dies von Politikern der SPD, aber auch vom Chaos Computer Club wegen Fragen der Datensicherheit abgelehnt. Sie plädierten für DP-3T (Decentralised Privacy-Preserving Proximity Tracing) und für eine Speicherung der Daten nur auf dem Smartphone der NutzerInnen.

Inzwischen setzen neben der Schweiz, Österreich und Deutschland zahlreiche Staaten in der EU auf eine dezentrale Speicherung der durch die Tracings Aps erfassten Daten.

App in Deutschland lässt auf sich warten

Anfang Mai wurden in Deutschland das IT-Unternehmen SAP und die Tochter der Deutschen Telekom, T-Systems, damit beauftragt, die deutsche Coronavirus-App zu entwickeln. Gesundheitsminister Jeans Spahn hatte die Tracing App eigentlich schon für Ostern versprochen.

Nicht zu verwechseln ist die Tracing-App mit der Datenspende-App des Robert-Koch-Instituts, bei dem Nutzer Daten ihrer Fitnessarmbänder und Smartwatches zur Verfügung stellen, um einen Rückschluss auf die Ausbreitung des Virus in Deutschland zu ziehen.

Ninja Marnau, vom Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit, hatte sich ebenfalls für ein dezentrales System ausgesprochen. Sie äußert Verständnis dafür, dass die deutsche App wohl nicht vor Ende Juni zur Verfügung stehen wird.

Apps funktionieren über Blue Tooth

Um den Kontakt zwischen den NutzerInnen der Apps festzustellen, wird die Bluetooth-Technik eingesetzt, die eigentlich zur digitalen Übermittlung von Daten von einem Gerät auf ein anderes dient. Bei den Corona-Apps treten verschiedene Probleme auf, denn Bluetooth war ursprünglich nicht dafür vorgesehen, andere Handys zu orten und Abstände zu berechnen. Experten gehen deshalb davon aus, dass es zahlreiche falsche Alarmmeldungen geben könnte.

Bei einigen Smartphones funktioniert Bluetooth nur zusammen mit GPS, so dass die Person bereit sein muss, ihren Standort preiszugeben. In vielen asiatischen Ländern - darunter China und Südkorea - beklagen Experten mangelnden Schutz der Privatsphäre bei den Tracing Apps.

Im Prinzip muss Bleutooth bei iPhones von Apple immer im Vordergrund laufen. Das verbraucht zusätzlich relativ viel Batterie.

Anfang Mai erklärte der Erfinder von BlueTooth, der Niederländer Jaap Haartsen, dass seine Technik zwar zur Kontaktverfolgung eingesetzt werden könne, aber nicht dafür entwickelt worden sei. Er sprach sich für eine Zusammenarbeit mit Google und Apple aus, um die Genauigkeit der gesammelten Daten zu verbessern.

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"Swiss Covid" funktioniert laut dem Bundesarmt für Gesundheit auf rein freiwilliger Basis und ebenfalls über Bluetooth: "Die App prüft kontinuierlich, ob von anderen Mobiltelefonen ausgesendete kompatible Signale empfangen werden. Beträgt die Annährung zu einem anderen Mobiltelefon 2 Meter oder weniger, so speichert die App dessen aktuellen Identifizierungscode, die Signalstärke, das Datum und die geschätzte Dauer der Annäherung. Die Annährung wird aufgrund der Stärke der empfangenen Signale geschätzt.

Sie ruft zudem periodisch eine Liste der privaten Schlüssel der infizierten Benutzerinnen und Benutzer ab, ermittelt daraus die zugehörigen Identifizierungscodes. Sie gleicht die Identifizierungscodes mit den von ihr lokal gespeicherten Identifizierungscodes ab.

Ergibt der Abgleich eine Annährung von 2 Metern oder weniger zu mindestens einem Mobiltelefon einer infizierten Benutzerin __oder einem infizierten Benutzer und erreicht die Summe der Dauer aller solchen Annäherungen eines Tages 15 Minuten, so gibt die App die Benachrichtigung aus.

Im Fall einer Infektion generieren Fachpersonen (z.B. behandelnde Ärztinnen und Ärzte) einen einmaligen und zeitlich begrenzt gültigen Freischaltcode und geben diesen der infizierten Benutzerin oder dem infizierten Benutzer bekannt. Dieser oder diese kann den Freischaltcode in ihre oder seine App freiwillig eingeben. Die Benachrichtigung bzw. die Eingabe des Freischaltcodes erfolgt nur mit der ausdrücklichen Einwilligung der infizierten Benutzerin oder des infizierten Benutzers."

Damit die App etwas bringt, müssen viele mitmachen

Bei allen Tracings Apps bleibt die Frage, wie viele Menschen mitmachen werden. In Österreich hatte Kanzler Sebastian Kurz über eine Art digitalen Schlüsselanhänger nachgedacht - für alle, die kein Smartphone besitzen. Nach Kritik - auch daran, dass einige Politiker die Stopp Corona App zur Pflicht machen wollten, wurde der Plan mit den Bluetooth-Schlüsselanhängern offenbar aufgegeben.

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In Australien hatte die Regierung gehofft, dass 60 Prozent der EinwohnerInnen die App "COVIDSafe" nutzen. 6 Millionen der etwa 25 Millionen AustralierInnen hatten die App vier Wochen nach der Einführung heruntergeladen. Die Journalistin Ariel Bogle machte weltweit Schlagzeilen damit, dass sie herausgefunden hatte, dass nach einem Monat nur im australischen Bundesstaat Victoria ein einziger Fall dank der App aufgespürt wurde.

In Österreich hatten bis Ende Mai mehr als 700.000 UserInnen die Corona App heruntergeladen. Ende April wurde sie - nachdem das viele gefordert hatten - Open Source. Das heißt, dass der darunterliegende Code freigegeben wurde.

Der Schweizer Epidemiologe Marcel Salathé, der an der Entwicklung von "SwissCovid" beteiligt ist, freut sich über eine Umfrage, in der 70 Prozent der Menschen in der Alpenrepublik die App befürworten.

Wie viele SchweizerInnen tatsächlich mitmachen werden, bleibt aber abzuwarten.

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