Mitarbeiter von index.hu kündigen massenweise - Proteste für Demokratie

Pro index.hu Demonstration im Zentrum von Budapest
Pro index.hu Demonstration im Zentrum von Budapest Copyright Zsolt Szigetvary/MTVA - Media Service Support and Asset Management Fund
Copyright Zsolt Szigetvary/MTVA - Media Service Support and Asset Management Fund
Von Euronews mit dpa
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Aus Protest gegen drohende Einschränkungen unabhängiger Berichterstattung haben rund 90 Prozent der Mitarbeiter des größten ungarischen Nachrichten-Portals index.hu ihre Kündigung eingereicht. Freitagabend kam es zu Massenprotesten in Budapest für die Redaktion und für Demokratie.

WERBUNG

Ist das der Anfang vom Ende der Medienfreiheit in Ungarn? Rund 90 Prozent der Mitarbeiter der beliebten und reichweitenstarken Nachrichten-Webseite Index.hu haben ihre Jobs gekündigt.

Sie reagierten damit auf die Entlassung des Index-Chefredakteurs Szabolcs Dull am Mittwoch, und ihren vergeblichen Versuch, seine Reinstallierung zu erreichen.

Hintergrund sind Bestrebungen der Eigentümer, die dem Umfeld von Regierungschef Viktor Orbán zugerechnet werden, inhaltliche Bereiche des Portals auszugliedern.

Veronika Munk ist scheidende stellvertretende Chefredakteurin von idex.hu. Sie beklagt wie auch ihre Kolleginnen und Kollegen, dass unabhängiger Journalismus unter den Maßnahmen leidet beziehungsweise sogar unmöglich gemacht wird: _"Wir haben es seit Jahren immer wieder betont. Wir haben mündlich, schriftlich und auch lautstark deutlich gemacht, dass es zwei Bedingungen für freie, korrekte und unabhängige Berichterstattung gibt. Zum Einen darf es keine äußeren Einflüsse auf den Inhalt der Webseite geben. Zum Anderen darf es keine Einflussnahme auf die personelle Zusammensetzung der Belegschaft geben. Niemand ist befugt, uns redaktionelle Vorgaben zu machen oder uns zu sagen, mit wem wir zusammenarbeiten oder nicht."
_

Zwischen die Index-Eigentümer und die Redaktion ist formell eine Stiftung geschaltet, die unabhängige Berrichterstatung garantieren soll. Doch praktisch haben die Eigentümer das letzte Wort. Gegen die zunehmende Tendenz, regierungskritischer Berichterstattung indirekt den Wind aus den Segeln nehmen, hatte Chefredakteur Dull Widerworte gefunden. Die Folge war seine Entlassung.

Abendliche Demonstration in Budapest

An diesem Freitagabend demonstrierten in Budapest zahlreiche Menschen im Zentrum von Budapest für den Erhalt der Medienfreiheit in Ungarn. Sie zogen vom Redaktionsgebäude von index.hu zum Amtssitz von Orbán. Sie riefen unter anderem "Demokratie!" und "Es reicht uns!". Aufgerufen zu dem Protest hatte die oppositionelle liberale Momentum-Partei.

Neben index.hu gibt es kaum reichweitenstarke Medien in Ungarn, die nicht von Orbán und seinen Gefolgsleuten kontrolliert werden. In der Rangliste der Pressefreiheit der NGO Reporter ohne Grenzen für das Jahr 2020 ist Ungarn in diesem Jahr auf Rang 89 abgesackt. Das Land liegt damit direkt hinter Nationen wie Kirgistan, Osttimor und Haiti, aber noch vor der Republik Moldau und Serbien.

Die Redaktion von Index.hu äußerte auf Englisch ihre Sichtweise der Entwicklungen:

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Ungarn: Neue Niederlage für Viktor Orban vor dem EuGH

Ungarn: Polizei geht gegen Kritiker von Orbans Corona-Politik vor

Vermächtnis der Holocaust-Künstler: Ungarn stellt Werke aus