Beirut zur "Katastrophen-Stadt" erklärt

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Von Sebastian Zimmermann mit dpa, AP
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Bei der Explosion in Beirut ist die Anzahl der Toten auf über 100 gestiegen. Etwa 4000 Menschen wurden verletzt. Noch ist nicht klar, was die Ursache sein könnte.

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Bei der gewaltigen Detonation in der libanesischen Hauptstadt Beirut ist die Anzahl der Toten auf über 100 gestiegen. Etwa 4.000 Menschen wurden verletzt.

Durch die Erschütterung zerbarsten Fenster, Trümmerteile schlugen Löcher in Wände. Blutende Menschen wanderten durch Schutt und Staub, einige Straßen waren voller Glasscherben. Große Teile des Hafens wurden vollständig zerstört. Beirut wurde zur Katastrophen-Stadt erklärt.

War Ammoniumnitrat der Auslöser?

Noch ist nicht klar, was die Ursache der Explosion sein könnte. Laut Präsidialamt wurden rund 2750 Tonnen Ammoniumnitrat jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen von Beirut gelagert.

Der Stoff könnte von einem Frachtschiff stammen, dem libanesische Behörden Berichten zufolge im Jahr 2013 wegen verschiedener Mängel die Weiterfahrt untersagt hatten. Das Schiff war demnach von Georgien aus ins südafrikanische Mosambik unterwegs. Der Besatzung gingen dann Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber gab das Schiff offenbar auf. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit schließlich die Ausreise genehmigt. Das Schiff blieb zurück mit der gefährlichen Ladung, die in einem Lagerhaus untergebracht wurde. Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es bislang nicht.

Ammoniumnitrat, das auch zur Herstellung von Sprengsätzen dient, kann bei höheren Temperaturen detonieren. Die Substanz dient zum Raketenantrieb und vor allem zur Herstellung von Düngemittel.

Die farblosen Kristalle befanden sich auch in dem Gefahrgutlager der chinesischen Hafenstadt Tianjin, wo 2015 nach einer Serie von Explosionen 173 Menschen getötet wurden. In Deutschland fällt die Handhabung von Ammoniumnitrat unter das Sprengstoffgesetz.

"Es sah aus wie bei einem Vulkan"

"Hier in der Gegend habe ich schon Autobomben erlebt, sagt Hadi Nasrallah, der die Explosion miterlebt hat. Normalerweise steigt dann schwarzer Rauch auf. Diesmal war er rosa und weiß. Es sah aus wie bei einem Vulkan. Der Rauch hat sich kilometerweit ausgebreitet, so viele Menschen haben die Explosion gehört - sowas hat es in diesem Land noch nicht gegeben."

Für die Stadt wurde ein zwei Wochen langer Notstand verhängt. Libanons Regierungschef Ministerpräsident Hassan Diab erklärte den Mittwoch zum Tag landesweiter Trauer in Gedenken an die Opfer.

Diejenigen, die für diese Katastrophe verantwortlich sind, werden dafür zur Rechenschaft gezogen. Das sind wir allen Toten und Verletzten schuldig, es ist eine nationale Verpflichtung.
Hassan Diab
Regierungschef Libanon

Vergleichbar mit einem Erdbeben

Wie das deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) mitteilte, habe die Explosion eine Erdbebenstärke von 3,5 gehabt. Sie sei über 200 Kilometer bis nach Zypern zu hören und zu spüren gewesen.

In Beirut gab es in einem Radius von mehreren Kilometern Schäden, wie etwa am Regierungspalast oder an der finnischen Botschaft. Laut deutschem Außenministerium wurden auch Mitarbeiter der Deutschen Botschaft verletzt. Am Suk Beirut, einer modernen Einkaufsgegend, zerbarsten Fensterscheiben. Auch ein Schiff der UN-Friedenstruppen im Libanon (Unifil) wurde beschädigt. Es seien Blauhelm-Marinesoldaten verletzt worden, teilte die Mission mit.

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