Leihmutterschaft: Eltern können ihre Kinder nicht abholen

Leihmutterschaft: Nur ein Geschäft oder Weg zum Familienglück?
Leihmutterschaft: Nur ein Geschäft oder Weg zum Familienglück? Copyright SERGEI SUPINSKY/AFP or licensors
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Von Valérie Gauriat
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Viele Babies, die in der Ukraine und Russland von Leihmüttern ausgetragen wurden, können nicht abgeholt werden. Grund ist die Corona-Krise.

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Wohin mit Kindern, die von Leihmüttern ausgetragen wurden und wegen der Reisebeschränkungen in der Corona-Krise nicht von ihren Eltern abgeholt werden können? In Russland und der Ukraine, in denen es besonders viele Leihmütter gibt, ist das ein Problem. Viele Kinder sind mittlerweile in Waisenhäusern gestrandet, wie es mit ihnen weitergeht, ist unklar.

Auch die ukrainische Kinderwunschklinik BioTexCom hat Dutzende dieser Fälle. Sie ist laut eigenen Angaben die einzige in Europa, die eine 100prozentige Erfolgsgarantie anbietet. Während es in der EU verboten sei, zum Beispiel das Geschlecht des Kindes vorher zu bestimmen, sei in der Ukraine alles möglich, so der Besitzer und Eigentümer von BioTexCom, Albert Tochilovsky. Er hoffe, dass man bald auch so weit sei, die Augenfarbe des Kindes oder bestimmte Talente zu bestimmen.

"Ukraine ist ein Supermarkt für Leihmütter"

In den vergangenen fünf Jahren wurden in der Ukraine mehr als 4000 Kinder von Leihmüttern geboren. 90 Prozent auf Wunsch von Eltern im Ausland - ein zu lukratives Geschäft kritisiert der ukrainische Ombudsmann für Kinderrechte, Mykola Kuleba: "Die Ukraine ist ein Supermarkt für Leihmütter geworden. Das Kind ist ein Produkt, die Frau ein Brutkasten, die das Produkt für jemand anderen austrägt."

In China ist die Nachfrage nach Kindern aus Leihmutterschaft in den vergangenen Jahren gestiegen, unter anderem wegen der Erstarkung der Mittelschicht und weil sich viele ältere Paare nach dem Ende der Ein-Kind-Politik 2016 noch einen Sohn wünschen. Die meisten der Leihmütter für chinesische Paare sitzen in Russland, der Ukraine und anderen ehemaligen Sowjet-Staaten wie Georgien und Belarus. Zuvor stammten sie vor allem aus asiatischen Ländern, aber in Thailand und Indien wurde die Praxis verboten.

"Am Anfang habe ich es für's Geld gemacht"

Olga Kicena hat für ein chinesisches Paar einen Jungen ausgetragen. Das habe ihr und das Leben ihrer Tochter verändert, sagt sie. "Am Anfang habe ich es für's Geld gemacht, klar, das stimmt. Aber als ich erst mal schwanger war, habe ich gemerkt, dass ich jemand anderem eine Familie gebe, das hat meine Einstellung geändert. Geld ist wichtig, aber jemandem Leben zu schenken ist noch schöner."

In Frankreich ist Leihmutterschaft verboten. Die Mennessons haben ihre Zwillingstöchter von einer Leihmutter in den USA austragen lassen. 19 Jahre lang haben sie dafür gekämpft, als deren rechtmäßige Eltern anerkannt zu werden. Sie fordern die Legalisierung von Leihmutterschaft, um zweifelshafte Praktiken zu verhindern, auf einem weltweiten Markt, der auf fünf Milliarden Euro geschätzt wird. Sylvie Mennesson: "Wenn Menschen Kinder wollen, versetzen sie dafür Berge, sie sind zu allem bereit. Das ist nicht nur eine Laune, sondern ein Lebensziel."

"Haben eine Familie voller Liebe"

Auch in Italien ist Leihmutterschaft verboten. Andrea Simone und Gianni Tofanelli leben in Milan. Ihre Tochter Anna ist sechs Jahre alt und wurde ebenfalls von einer US-amerikanischen Leihmutter ausgetragen. "Die wichtigste Botschaft ist, dass wir eine Familie voller Liebe haben", sagt Simone. "Kinder wie unsere sind unbedingte Wunschkinder und das zeigt sich jeden Tag", so Tofanelli.

Ein Familiengück, auf das wegen der Coronakrise viele Eltern weiter warten - auch aus Russland können viele Babies derzeit nicht weg.

Einen ausführlicheren Bericht über das Thema gibt es in der kommenden Ausgabe von "Unreported Europe".

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