Kämpfe in Äthiopien: Tausende auf der Flucht

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Von Euronews mit dpa
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Unter Ministerpräsident Abiy Ahmed - der im Vorjahr den Friedensnobelpreis erhalten hatte - haben die ethnischen Konflikte in dem Vielvölkerstaat Äthiopien zugenommen.

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Die Vereinten Nationen, die EU und Hilfsorganisationen haben vor einer Eskalation des Konflikts in der Region Tigray in

Äthiopien gewarnt. "Es besteht das Risiko, dass diese Situation total außer Kontrolle gerät", erklärte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet.

Die Region Tigray liegt im Norden Äthiopiens an der Grenze zu Eritrea.

Äthiopiens Regierung hatte nach Monaten der Spannungen zwischen Addis Abeba und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) jüngst eine Offensive gegen die bewaffnete Gruppe begonnen.

Tausende Zivilisten flohen in den Sudan.

Ein junger Mann sagt: "Wir wurden von zwei Seiten bombardiert, von Eritrea aus und von der Amhararegion aus. Wir liefen vier Stunden lang zu Fuß. Weg."

Und eine Frau meint: "Ich bin mit meinen Eltern und meinem Kind geflohen. Jetzt haben wir nichts mehr. Wir flohen vor den Mördern."

Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International liegen Berichte von einem Massaker in Tigray vor, bei dem Hunderte Menschen getötet worden seien.

Der Zugang zur Region wurde für Journalisten eingeschränkt. Dennoch gibt es Bachelet zufolge Berichte über zunehmende Luftangriffe der Regierungskräfte und schwere Kämpfe am Boden.

Vor dem Hintergrund einer Militäroffensive der Zentralregierung gegen die Milizen der Regierung der Region Tigray sagte auch der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag), diese Krise könne "katastrophale humanitäre Folgen für das ganze Land" haben. "Die militärische Eskalation in Äthiopien bedroht die Stabilität des ganzen Landes und der Region."

Ministerpräsident Abiy Ahmed sagte am Freitag, die TPLF sei von allen Seiten umringt und sei in mehreren Gebieten nicht mehr in der Lage, ihre Kräfte anzuführen. Nach einem Beschluss des äthiopischen Parlaments für die Einrichtung einer regionalen Übergangsregierung in Tigray verkündete Abiy zudem die neue Führung:

Der neue Vorsitzende der provisorischen Regierung von Tigray, Mulu Nega, werde für die Exekutivorgane in Tigray Leiter aus den Parteien ernennen, die "legal in der Region" tätig seien, twitterte er.

International wurde vor einer humanitären Katastrophe gewarnt. Schon vor dem Konflikt seien rund drei Millionen Menschen in Tigray und 15 Millionen Menschen im gesamten Land auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen, sagte Lenarcic.

Matthias Späth, Landesdirektor der Welthungerhilfe in Äthiopien, sagte: "Tigray ist von allen Nachschubwegen abgeschottet." Lenarcic forderte die äthiopische Regierung auf, Hilfsorganisationen Zugang zur Region zu gewähren.

In einer gemeinsamen Mitteilung erklärten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Lenarcic, sofortige Deeskalation sei notwendig. Die Äthiopien-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, Annette Weber, sagte dem RND: "Wenn sich der Konflikt regional ausweitet, würde das zu großen Migrationsschüben auch nach Europa führen."

Zudem warnte die Denkfabrik Soufan Center, eine große Flüchtlingswelle in den Sudan könne das Land, das derzeit einen politischen Wandel durchmache, stark destabilisieren.

Die TPLF war die dominante Partei in der Parteienkoalition, die Äthiopien mehr als 25 Jahre lang mit harter Hand regierte. Doch als Abiy 2018 an die Macht kam, entfernte er im Zuge etlicher Reformen viele Funktionäre der alten Garde und gründete eine neue Partei ohne die TPLF. Die TPLF und viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und wünschen sich größere Autonomie.

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