Armenien: Das Leben nach dem Friedensabkommen

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Proteste in Eriwan: Viele Bewohner Armeniens setzen das Waffenstillstandsabkommen mit Aserbaidschan mit einer Kapitulation gleich und sprechen von Verrat.

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In der armenischen Hauptstadt Eriwan ist es zu Protesten gegen das Abkommen mit Aserbaidschan über ein Ende des Krieges in Berg-Karabach gekommen. Mitglieder der Opposition, wie etwa Gegham Manukjan von der Armenischen Revolutionären Föderation, fordern den Rücktritt von Ministerpräsident Nikol Paschinjan.

Die Übereinkunft mit Aserbaidschan, die vor einer Woche unter Vermittlung Russlands zustande kam, sieht die Rückgabe größerer Gebiete in der Konfliktregion an Baku vor, die bislang unter Kontrolle Armeniens gestanden haben.

Viele Einwohner, wie etwa Varuzhan Sahakyan, setzen das Waffenstillstandsabkommen gleich mit einer Kapitulation: "Sie haben das Volk belogen, als sie sagten, dass wir gewinnen würden und die Situation unter Kontrolle hätten. Aber erst in den letzten Tagen wurde klar, dass all diese Gebiete aufgegeben wurden. Dann kamen sie nach Schuschi und die Stadt hat sich ergeben. Für uns fühlt es sich wie Verrat an."

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Varuzhan aus EriwanEuronews

Ministerpräsident Pashinjan: "Frieden als einzige Option"

Seit der Ankündigung des Waffenstillstands vor rund einer Woche trat Nikol Pashinjan am Montag erstmals öffentlich auf. In einer Sondersitzung des Parlaments, die live auf Facebook übertragen wurde, erklärte der Ministerpräsident, das Friedensabkommen sei die einzige Option für Armenien gewesen.

Einen Rücktritt schloss er aus. "Es gibt nur ein Thema auf meiner Agenda: die Gewährleistung der Stabilität und Sicherheit des Landes", sagte er armenischen Medien zufolge. Indes entließ Paschinjan seinen Außenminister Sohrab Mnazakanjan. Gründe nannte er zunächst nicht.

Für einige war das Abkommen jedoch eine gute Nachricht. Viele der Vertriebenen, die in Unterkünften, wie in dieser in Eriwan, untergebracht sind, denken nun darüber nach, wieder nach Hause zurückzukehren.

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Karina will in ihr Familienhaus zurückkehrenEuronews

"Niemand möchte neben einem Feind leben"

So wie Karina. Ihr Familienhaus in Martakert, nahe der künftigen Grenze zu Aserbaidschan wird unter armenischer Kontrolle bleiben. Sie freut sich darauf, wieder dorthin zurückzukehren. Sie glaubt jedoch nicht, mit ihren neuen Nachbarn jenseits der Grenze in Frieden leben zu können. "Das geht auf keinen Fall. Mein Bruder ist vor einem Monat gestorben, ich habe sonst keine Geschwister mehr. Wir sind noch nicht einmal zu seinem Grab gegangen. Niemand möchte neben einem Feind leben...", sagt sie und spricht nicht weiter.

Der Konflikt um Bergkarabach dauert schon seit Jahrzehnten an. In dem Krieg, der erneut im September ausbrach ausbrach, hatte Aserbaidschan weite Teile des Gebietes einnehmen können. Jetzt herrscht eine Waffenruhe, die von rund 2000 russischen Friedenssoldaten überwacht wird.

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