Veto-Krise der EU: Ungarn und Polen sind finanziell gut gewappnet

Nahaufnahme des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán (Archiv)
Nahaufnahme des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán (Archiv) Copyright Johanna Geron, Pool via AP
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Von Gabor Tanacs mit Euronews
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Ungarn und Polen, von manchen Beobachtern schon als EU-"Schurkenstaaten" gebrandmarkt, können dem wachsenden Druck aus Brüssel relativ gelassen entgegensehen. Finanziell sind die beiden Länder im EU-Vergleich ziemlich gut gerüstet.

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Dass Ungarn und Polen den neuen Siebenjahreshaushalt und das Corona-Hilfspaket der EU blockieren, hat viele westeuropäische Politiker und höchste EU-Vertreter überrascht.

Sie waren der Meinung, dass beide Länder genauso viel zu verlieren haben wie jeder andere EU-Mitgliedstaat.

In Bezug auf das für 2020 prognostizierte Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, das Staatsdefizit oder die Bruttostaatsverschuldung wird allerdings deutlich, dass sich Ungarn und Polen in einer stabileren Position befinden als viele der Länder, die den Kern der Europäischen Union bilden.

Ungarn hat auch eine riesige Devisenreserve angehäuft und bereits mehrere Tage vor dem EU-Veto erfolgreich Staatsanleihen im Wert von 2,5 Milliarden Euro auf dem internationalen Markt emittiert.

Attila Weinhardt ist Analyst beim ungarischen Portal portfolio.hu: "Aufgrund dieser Faktoren befindet sich der ungarische Haushalt, sogar im Fall einer tiefen Rezession und angesichts der Ungewissheit über die EU-Zahlungen, in einer stabilen Lage. Ich kann keine Verwundbarkeit von Ungarn feststellen, auch nicht durch Versuche, die Regierung zu erpressen oder ihren Willen zu brechen. Alles in allem sehe ich keine Möglichkeit, die ungarische Regierung ausreichend unter Druck zu setzen, um ein Abkommen zu unterzeichnen, das sie nicht unterzeichnen will."

Kurzer Forint-Wirbel - das war alles

Das einzige Anzeichen von Nervosität auf den ungarischen Märkten war ein kleiner Ansturm auf den Umtausch der ungarischen Währung in Euro, Dollar und Gold. Aber es stellte sich heraus, dass dies keine Reaktion auf das Veto war, sondern auf einen kurzen Anstieg des Forint-Wechselkurses.

Dávid Ablonczy ist Eigentümer von Correct Change in Ungarn: _"Es stimmt, der Forint ist im Vergleich zum Euro stärker geworden, man konnte einen Euro für rund 355 Forint kaufen, was im Vergleich zu den Vorjahren ein unglaublich hoher Preis ist, aber in diesem Jahr ist er recht gut, so dass viele Leute begannen, Dollar oder Euro zu kaufen. Das führte zu einer kleinen Explosion, unsere Reserven gingen zur Neige, aber es dauerte nur ein paar Tage."
_

Alles, nur kein Bluff?

Euronews-Korrespondent Gabor Tanacs kommentierte in Budapest: "Viele westliche Analysten gingen davon aus, dass Viktor Orbán blufft und dass Ungarn die Mittel aus dem EU-Fonds genauso benötigt wie jeder andere Mitgliedstaat. Aber es scheint, dass die ungarische Regierung auf die wirtschaftlichen Folgen ihres Vetos vorbereitet ist und die Menschen in Ungarn nicht wirklich beunruhigt sind - jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt."

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